GIERIG

Für Verteidiger kostet die Aktenversendung € 8,00. Benötigt man die Akteneinsicht dagegen zur Regulierung zivilrechtlicher Ansprüche, zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall, können die Ordnungsämter die Gebühr seit einiger Zeit selbst festsetzen. Die Stadt Düsseldorf nimmt € 16,00. Das kann ich ja noch ansatzweise nachvollziehen.

Aber Essen berechnet mir – oder besser meiner Mandantin – jetzt € 25,00 für die Übersendung einer Akte mit dem sagenhaften Gewicht von 150 Gramm. Das macht an Portokosten € 1,44, denn die Rücksendung zahlen wir ja ohnehin. Selbst wenn man den Arbeitsaufwand rechnet, dürfte eine Überschreitung des Normalsatzes von mehr als 300 % wohl kaum zu rechtfertigen sein.

Schon der Betrag als solcher kommt nach meiner Meinung einer Zugangsverhinderun zu notwendigen Informationen gleich. Das gilt vor allem für den Fall, dass der Mandant keinen Rechtsschutz hat.

Ich habe gegen die Festsetzung der Gebühr Widerspruch eingelegt. Vielleicht verhindert das ja zumindest, dass ein Beamter demnächst € 75,00 fordert.

BEDRÜCKEND

BEDRÜCKEND

Ich hatte mich gestern schon gewundert, dass ausgerechnet ein amtierender Bundesverfassungsrichter die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe per Interview kategorisch für verfassungswidrig erklärt. Und von einer „Schieflage“ des Sozialstaates spricht.

Jetzt dementiert der angeblich interviewte Verfassungsrichter Siegfried Broß in einer Pressemitteilung, dass er sich so scharf geäußert hat. Die Statements stammen nach seinen Angaben ausschließlich aus einem im Internet veröffentlichten Vortrag, den er auf dem Katholikentag gehalten habe.

In dem Statement stellt Broß – sehr einseitig – dar, wie das Bundesverfassungsgericht das Sozialstaatsgebot im Laufe der Jahrzehnte mit Leben erfüllt hat. Er äußert Zweifel, dass unbegrenzter und radikaler Sozialabbau stets zulässig ist. Und Broß erklärt am Schluss, die Verfassungsmäßigkeit von Hartz IV erschließe sich ihm „bisher noch nicht“.

Ansonsten finden sich in dem Papier weitere starke Worte. Außerdem konkrete Forderungen an die Politik. So verlangt Broß unverhohlen, Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge rückgängig zu machen und „anstehende mit Börsengang“ zu unterbinden. Zitat:

Staatswirtschaft kann nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr ist Staatswirtschaft in den Infrastrukturbereichen der Daseinsvorsorge unumgänglich, damit der Staat selbst unabhängig bleibt und nicht erpressbar wird.

Im Rest des Textes schürt Broß die Globalisierungsfurcht. Er warnt vor der Abhängigkeit von internationalen Spekulanten, welche die Währung beeinflussen können und befürchtet, dass ausländische Banken zu großen Einfluss bekommen.

Insgesamt ist das Papier fast noch bedrückender als die (angeblichen) Äußerungen des Bundesverfassungsrichters gegenüber den Zeitungen. Deutlich wird jedenfalls, dass dieser Verfassungsrichter besser Politiker geworden wäre.

SCHLECHTE VERLIERER

Zwischen den Staatsanwälten und der Vorsitzenden Richterin im Mannesmann-Prozess entspinnt sich ein Kleinkrieg. Nach einem Bericht der Rheinischen Post (Printausgabe vom 29. Juni) haben die Staatsanwälte gefordert, Josef Ackermann zur Ordnung zu rufen. Sein Fehlverhalten: Ackermann lese angeblich zu viel in Unterlagen und kümmere sich zu wenig um das Geschehen im Gerichtssaal.

Der Sprecher des Landgerichts konterte kühl, nicht einmal die Vorsitzende Richterin könne erkennen, was Ackermann im Gerichtssaal lese. Sein Fazit: Der Chef der Deutschen Bank habe „die Schwelle zur Missachtung des Gerichts mit Sicherheit bislang nicht überschritten“. Das sei allenfalls der Fall, wenn ein Angeklagter demonstrativ Zeitung lese.

Statt sich als schlechte Verlierer zu blamieren, könnten die Staatsanwälte ja mal im eigenen Laden anfangen. Sie haben durchaus einige Kollegen, die grundsätzlich die Tageszeitung „blickgünstig“ neben die Akte platzieren.

BEHÖRDENZEIT

BEHÖRDENZEIT

Das Verwaltungsgericht Berlin, immerhin für zahlreiche Klage gegen den Bund zuständig, warnt auf der ersten Seite seiner Homepage:

Die E-Mail-Adresse steht nur für Presseanfragen zur Verfügung. Sonstige Anfragen, Klagen, Anträge und Schriftsätze zu laufenden Gerichtsverfahren sowie Anforderungen von Entscheidungsabdrucken können nicht per E-Mail eingereicht werden.

Wir schreiben das Jahr 1997, Behördenzeit…

MONSTRÖSER REGRESS

MONSTRÖSER REGRESS

Die Anwaltskanzlei Haarmann Hemmelrath wird mit Schadensersatzansprüchen in bisher unbekannter Größenordnung konfrontiert. Eine Neusser Firma will 480 Millionen Euro Schadensersatz. Haarmann Hemmelrath soll das Unternehmen beim Verkauf der AKB-Bank falsch beraten haben.

Wie die Financial Times Deutschland berichtet, könnte die immense Forderung ein Erdbeben in der Haftpflichtbranche für die freien Berufe auslösen.

Nicht nur dort. Die Anwaltskanzlei selbst soll „nur“ mit 200 Millionen Euro versichert sein.

(link gefunden bei McNeubert)

KARTE

„Sagen Sie mir noch Ihre Telefonnummer.“

„Hier, nehmen Sie doch meine Karte. Den Festnetzanschluss müssen Sie aber streichen. Den habe ich gekündigt. Dafür bin ich über Handy zu erreichen. Moment, die Handynummer stimmt nicht mehr. Meine neue lautet 0163 57….. Oh, und die Adresse. Auf der Karte steht noch die alte. Ich bin umgezogen, ist aber auch schon zwei oder drei Jahre her. Wenn Sie dann noch die neue Anschrift notieren, tut mir leid für die Umstände, wäre aber schade um die schönen Karten, wenn ich mir jetzt neue drucken lasse.“

Ich weiß nicht, aber ich mag solche Mandanten.

NICHT NÖTIG

NICHT NÖTIG

Das Amtsgericht Kiel ist der Meinung, dass ein Jurastudent keinen Computer fürs Studium braucht. Deshalb dürfe der Computer gepfändet werden. Aus den Urteilsgründen:

Die Rechtsprechung hat bisher in mehreren Entscheidungen einen PC für unpfändbar gehalten, etwa für Studenten der Betriebswirtschaft … Diese Bereiche zeichnen sich aber auch gerade dadurch aus, dass komplexe Rechenoperationen durchzuführen sind … Für einen Jurastudenten ist dagegen ein PC regelmäßig nicht erforderlich. Das Studium betrifft eine Geisteswissenschaft, die die Bearbeitung großer Datenmengen gerade durch EDV – wie etwa bei Rechenoperationen, Datenbanken u.ä. – nicht verlangen.

Auch in den Übrungen wird verlangt, durch die Lektüre von rechtlicher Literatur und aus eigenen Kenntnissen und Überlegungen heraus, einen konkreten Fall einer eigenen Lösung zuzuführen. Dieser Vorgang entzieht sich einer schematischen Behandlung, die ein PC durchführen könnte …

Über das Ergebnis kann man ja streiten. Aber die Weltfremdheit, verbunden mit dem Anspruch, wirklich Bescheid zu wissen, ist schon atemberaubend. Und beängstigend.

(Aktenzeichen 21 M 1361/04; Urteil abgedruckt in Juristisches Büro 2004, 334)

Update: Sascha Kremer, noch etwas näher am Studium, kommentiert die Entscheidung ausführlich.

UNGLAUBWÜRDIG

UNGLAUBWÜRDIG

Weil er (angeblich) privat einen Gangster verfolgte und deshalb aufs Gaspedal treten musste, spart ein Kölner Polizist 25 Euro für ein Knöllchen. Allerdings verursachte er bei der zuständigen Richterin in Bonn Bauchschmerzen – die glaubte ihm nämlich kein Wort, so der Express.

SOUVERÄN

SOUVERÄN

Die Rheinische Post titelt, wie ungezählte andere Blätter auch:

„Der Irak ist wieder ein souveräner Staat“

Wenn ich so was lese, werde ich doch noch ein Fan von Michael Moore. Aber nur vielleicht.

INKONSEQUENT

Unser neues Gebührenrecht hat den schönen Titel „Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG)“. Seltsam, wie inkonsequent die sprachlichen Bemühungen um „Emanzipation“ letztlich dann doch sind. Oder ist jemandem aufgefallen, dass die Kurzbezeichnung des Gesetzes ansonsten genauso lang wäre wie der gesamte Titel?

HASCH FÜR KRANKE

HASCH FÜR KRANKE

Schwerkranke können unter Umständen Cannabis straffrei konsumieren. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe laut beck-aktuell im Falle eines Mannes entschieden, der an Multipler Sklerose leidet.

Parallel dazu berichtet der Spiegel in einer Titelgeschichte über die neue Drogenwelle an deutschen Schulen.

TOP-BEZAHLUNG

Die Firma hausarbeiten24.com sucht Ghostwriter für diverse Fachrichtungen, u.a. Rechtswissenschaften. Aus der Anzeige:

Für die Erstellung von Hausarbeiten und sonstigen Facharbeiten für Studenten suchen wir DRINGEND äußerst motivierte, kreative und gewissenhaft arbeitende Autoren aus den o.a. Bereichen, die von zu Hause für uns auf Honorarbasis schreiben.

Versprochen wird „Top-Bezahlung“. Wir raten, gleich einen Anteil des Honorars für den Anwalt zurückzulegen.

(link gefunden bei jurabilis)