Vielen Dank an Martin, der mir ein Buch aus meiner Wunschliste geschickt hat.
Archiv für den Monat: März 2004
R-GESPRÄCH
R-GESPRÄCH
Ein Anrufer zu meiner Sekretärin:
„Rufen Sie mich auf dem Handy zurück und verbinden Sie mich dann mit Herrn Vetter.“
Auf Bitten der verdutzten Mitarbeiterin gibt es es sogar eine Begründung für diesen Wunsch:
„Meine CallYa-Karte ist leer.“
Sorry. Aber seit zwei Minuten gibt es bei uns die klare Ansage vom Chef, dass wir so was grundsätzlich nicht machen.
VÖLLIG EGAL
VÖLLIG EGAL
Eine Mandantin hat eine private Krankentagegeldversicherung. Sie ist schon längere Zeit wegen psychischer Probleme arbeitsunfähig. Das kostet die Versicherung richtig Geld. Am 15. Dezember 2003 verlangt die Versicherung eine Untersuchung bei einem eigenen Arzt. Dieser stellt fest, dass meine Mandantin „in vollem Umfang arbeitsfähig“ ist. Die Versicherung schrieb:
Sie sind ab dem 16. Dezember 2003 nicht mehr arbeitsunfähig im Sinne von § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen/AVB. Somit endet Ihr Krankentagegeldanspruch mit dem 15. Dezember 2003. Wir betrachten den Versicherungsfall als abgeschlossen.
Der Hausarzt der Mandantin schüttelt über diese Diagnose nur den Kopf. Er schreibt ein kurzes Gegengutachten. Darauf lädt die Versicherung zur Begutachtung bei einem weiteren Arzt. Über das Ergebnis unterrichtet sie mit folgendem Schreiben:
Aufgrund der Untersuchung vom 11. Februar 2004 halten wir nicht mehr an unserer Entscheidung vom 15. Dezember 2003 fest. Das Krankengeld haben wir … nachgezahlt. Jedoch wurde am 11. Februar 2004 festgestellt, dass Ihre Mandantin berufsunfähig im Sinne der AVB-KT ist. Die Krankentagegeldversicherung endet, sobald Berufsunfähigkeit eintritt.“
Anscheinend ist es völlig egal, ob meine Mandantin kerngesund oder ein Wrack ist. Hauptsache, die Versicherung muss nicht zahlen. Wohl dem, der bei so einer „Behandlung“ das richtige Gegenmittel hat – eine Rechtsschutzversicherung…
VERTRAGSSTRAFEN
Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen sind nach wie vor zulässig. Nach der Neufassung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen war überwiegend davon ausgegangen worden, dass Vertragsstrafen – zum Beispiel bei Nichtantritt der Arbeit und der Weitergabe von Geschäftsinformationen – unwirksam sind. Das Bundesarbeitsgericht ist jedoch anderer Meinung und begründet dies in einem Grundsatzurteil vom 4. Februar 2004 mit den „Besonderheiten des Arbeitsrechts“.
EINSAM
Helmut H. (35) aus Mittelfranken will, dass das Sozialamt seine Bordell-Besuche zahlt. Er verlangt vier Mal pro Monat – weil er sich ohne seine Frau so einsam fühlt. Wer nicht glaubt, dass dieser Fall sogar vor dem Verwaltungsgericht verhandelt wird, klicke hier.
Update: Der Gute hat verloren. Lesenswerter Prozessbericht in der Rheinischen Post.
TELEKOM
Abends um 20.30 Uhr festgestellt, dass eine unserer ISDN-Leitungen nicht mehr funktioniert. Die Zahl der Amtsleitungen nach außen reduziert sich also von vier auf zwei. Anruf beim Technischen Kundendienst der Telekom. Es geht sofort jemand dran. Der Mann klinkt sich in unsere Leitungen ein und stellt fest, dass er wohl am nächsten Tag einen Techniker rausschicken muss.
Morgens frage ich noch einmal nach. Es geht schon wieder jemand ran. „Die Störung ist im System notiert“, erklärt die Gesprächspartnerin. „Entweder wir lösen das von hier. Oder es kommt in den nächsten 90 Minuten jemand vorbei.“ Ein knappe halbe Stunde später ein Anruf der Telekom. „Die Störung ist beseitigt. Bitte entschuldigen Sie die Umstände.“
Da kann man doch nicht meckern, oder?
KRIMINELL
Spiegel online hat einen neuen Kriminalitätsbrennpunkt ausgemacht – den Notebook-Klau. Unsere Kanzlei wurde jetzt auch das Opfer skrupelloser Täter. Die haben einfach nachtS die (leeren) Blumenkästen von den vorderen Fensterbänken mitgenommen.
ZEUGEN
In den Kommentaren zum gestrigen Beitrag KOPIE wird ein interessantes Thema angesprochen. Die Justiz und ihre Abhängigkeit von Beweismitteln. Seltsamerweise steht das unzuverlässigste Beweismittel besonders hoch im Kurs – der Zeuge. Mit einem guten Zeugen kann man praktisch alles durchsetzen. Umgekehrt steht man auf fast verlorenem Posten.
Bei dieser Fixierung auf Zeugen ist es klar, dass der Anwalt nicht nur den Sachverhalt ordnen muss. Er muss auch klären, ob für jede Behauptung ein geeignetes Beweismittel zur Verfügung steht. Das führt mitunter zu, na ja, bizarren Dialogen:
„Ohne Zeugen kommen Sie nicht weiter.“ „Aber es war sonst niemand da.“ „Überlegen Sie doch noch mal genau, ob nicht vielleicht doch jemand das Gespräch gehört hat.“ „Ich glaube nicht.“ „Ohne Zeugen verlieren Sie aber den Prozess. Wo war denn Ihre Frau?“ „Ja, Moment.“ Mandant haut sich mehrmals auf die Stirn. „Jetzt wo Sie es erwähnen. Meine Frau war in der Küche und hat Geschirr gespült. Die hat alles genau gehört.“ „Wie kann sie denn alles hören, in einem anderen Zimmer?“ „Die Durchreiche war offen.“
Es gibt auch unausrottbare Gerüchte, dass „Unfallzeuge gesucht“-Anzeigen nur dazu dienen, doch noch ein Beweismittel an den Start zu bringen. Jedenfalls kann ich mich nur an einen einzigen Zeugen aus der Zeitung erinnern, der auch bei der Drohung, dass er gleich einen Eid leisten muss, dabei blieb, dem Geschädigten vorher noch nie begegnet zu sein.
Noch problematischer wird es mit Zeugen im Strafverfahren. Aktuell läuft ein Mandant von mir Gefahr, wegen Diebstahls verurteilt zu werden. Seine Freundin behauptet, er habe sie am Geldautomaten abgepasst und schnell die 200 Euro aus dem Schacht genommen. Keine Kamera. Niemand sonst anwesend. Dass er das Mädchen nachweislich kurz zuvor für eine andere verlassen hat, dreht der Staatsanwalt sogar noch gegen meinen Mandanten. Er habe sich, so steht es in der Anklageschrift, sogar noch besonders sicher gefühlt. Weil er davon ausging, dass seiner Ex sowieso keiner glauben wird.
KURZMITTEILUNG
Ich möchte die FDP hiermit wissen lassen, dass sie eine weitere Wählerstimme abschreiben kann.
VERFASSUNGSWIDRIG
Das Bundesverfassungsgericht hat heute den Großen Lauschangriff in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt, so Spiegel online. Die Lauscher dürfen nicht länger zuhören, wenn Gespräche mit Unverdächtigen geführt werden. Auch bei Gesprächen mit Verteidigern muss das Mithören eingestellt werden. Insgesamt scheint das Gericht mal wieder allen Grund gehabt zu haben, dem Staat seine Grenzen aufzuzeigen.
KOPIE
Ein Mandant hat seine Wohnung gekündigt. Er besorgte sogar noch einen Nachmieter. Der Nachmieter wollte die Kaution nicht zahlen und schlug dem Vermieter vor, dass mein Mandant seine Kaution stehen lässt. Mein Mandant sagt, er habe nie zugestimmt. Der Vermieter sagt das Gegenteil.
Wir klagen die Kaution ein. Wie zu erwarten schreibt der Vermieter, mein Mandant habe seine Kaution an den Nachmieter „abgetreten“. Dumm nur, dass er nicht daran denkt, dass sein eigener Anwalt den Nachmieter erst vor einigen Monaten wie folgt angeschrieben hat:
Ich weise Sie darauf hin, dass die von Ihrem Vorgänger gezahlte Mietkaution von diesem entgegen der mündlichen Abreden bisher weder schriftlich noch verbindlich an Sie abgetreten wurde und Sie damit die Kaution selbst einzuzahlen haben.
Schön, dass wir eine Kopie dieses Briefes haben…
HILDESHEIM
Zufällig ein Kollege hier, der am 30. März um 9.30 Uhr einen Scheidungstermin in Hildesheim wahrnehmen kann?
MANN ODER FRAU
Eine Golferin möchte internationale Profiturniere spielen. Doch dagegen sperren sich die internationalen Verbände, berichtet Spiegel online. Grund: Die Spielerin war früher ein Mann.
In Deutschland gibt es seit 1980 klare Regelungen. Danach gehört ein Transsexueller nach einer operativen Geschlechtsumwandlung voll und ganz zum anderen Geschlecht, sobald ein Gericht dies auf Antrag festgestellt hat (§ 8 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen). Auch ohne die Geschlechtsumwandlung gibt es die Möglichkeit, offiziell den Vornamen zu ändern. Dann müssen Gutachter feststellen, dass sich die/der Betroffene unumstößlich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt.
Das geschlechtsspezifische Benachteiligungsverbot in Art. 3 Absatz 3 des Grundgesetzes gilt allerdings direkt nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Nichtstaatliche Sportverbände könnten sich vielleicht also auch bei uns mit dem Hinweis aus der Affäre ziehen, dass sie halt per Satzung nur „echte“ Männer und Frauen zu den Wettkämpfen zulassen wollen.
IMPRESSUM
In einem Urteil vom 12. Februar 2004 hat das OLG München entschieden, dass ein Impressum auf einer Webseite, das erst über einen Link nach Scrollen von 4 Bildschirmseiten erreichbar ist, nicht mehr im Sinne des § 6 TDG „leicht erkennbar“ und „unmittelbar erreichbar“ ist und somit rechtswidrig ist.
POST
Mist, Post von der Anwaltskammer. Puuh, ist nur Werbung für ein Seminar…