PRIVATFOTOS

Eine Bußgeldstelle darf Radarmessungen nicht komplett auf eine private Firma übertragen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hob Bescheide eines Ordnungsamtes auf, das die gesame Geschwindigkeitsüberwachung delegiert hatte.

Das beauftragte Unternehmen lieferte eine komplette CD mit den Daten der Geschwindigkeitssünder ab. Kontrollieren konnte die Behörde die Ergebnisse nicht – sie hatte nicht mal Ahnung von den eingesetzten Geräten. Nach Auffassung des Oberlandesgericht Frankfurt muss die Behörde zumindest „Herrin des Verfahrens“ bleiben.

Es lohnt sich also, auch bei vermeintlich eindeutigen Bescheiden Akteneinsicht zu nehmen.

UNVORSTELLBARE KONSEQUENZEN

Monatelang müssen die Polizei-Poeten zwischen Bestwig und Brilon mitunter darauf warten, bis sie eine Meldung für den Polizeibericht schreiben können. Es passiert einfach nichts. Aber gestern, da war was los im Sauerland. Die Region nutzte ihre meteorologischen Vorzüge, um Schauplatz eines Verbrechens zu werden, das in der jüngeren Kriminalgeschichte seinesgleichen sucht. Nachdem sie den Fall – leider erfolglos – ermittelt hatten, düsten die Polizeisten zurück in die Wache und formulierten folgende spannende Story in den Ticker:

Hoppeke(ots) – Unbekannte Täter bewarfen am 09.02.2004, gegen 18:20 Uhr, eine Regionalbahn der Deutschen Bahn AG am Haltepunkt Hoppeke, zwischen Bestwig und Brilon, mit Schneebällen. An zwei Stellen trafen Schneebälle auf die Frontscheibe des Triebwagens und
beschädigten diese. Die verständigte Polizei konnte am Haltepunkt Hoppeke keine verdächtigen Personen mehr antreffen. Die für den Bahnhof Hoppeke zuständige Bundesgrenzschutzinspektion Dortmund weist
in diesem Zusammenhang auf die Gefahren hin, die für die Reisenden und das Zugpersonal durch das Bewerfen von Zügen mit Schneebällen entstehen können.

Spiegel und Bild recherchieren dem Vernehmen nach vor Ort. Birgit Schrowange plant ein Betroffenheitsspecial. Außerdem hat Hugh Grant Interesse daran, den Schneeballwerfer von Hoppeke zu spielen.

(danke an Mathias Schindler für den Hinweis)

EHELEBEN

Der dreifache Heidemörder Thomas Holst kämpft laut Spiegel online darum, dass er mit seiner Ehefrau ungestörte Treffen in der psychiatrischen Klinik haben darf. Seine Frau ist seine ehemalige Therapeutin. Sie hatte Holst zu einer spektakulären Flucht verholfen und dafür selbst eine Haftstrafe erhalten.

AUSGEBREMST

Wer von einer Firma oder einer Privatperson aus dem Nicht-EU-Ausland verklagt wird, sollte an die Einrede der Prozesskostensicherheit denken. Diese Kläger müssen vorab die gesamten Kosten des Rechtsstreites hinterlegen (§ 110 ZPO). Dazu gehören insbesondere die Anwaltsgebühren des Beklagten.

Manche Gerichte setzen die Sicherheit sogar für zwei, ab und zu auch für drei Instanzen fest. Das kann so mancher forschen Klage erst einmal die Zähne ziehen. Dazu winkt ein Zeitgewinn. Das Gericht muss nämlich zuerst über die Sicherheit mündlich verhandeln, was natürlich dauert.

Die Regelung gilt nach einer Gesetzesänderung übrigens auch für Deutsche, die außerhalb der EU leben. Damit habe ich kürzlich einen Herrn ausgebremst, der auf der Flucht vor seinen eigenen Gläubigern seine Zelte in Bulgarien aufgeschlagen hat.

NAME DROPPING

Wachtell, Lipton, Rosen & Katz
Arnold & Porter
Sullivan & Cromwell
Darrois Villey Maillot Brochier
Jeantet et Associés
Freshfields Bruckhaus Deringer.
Clifford Chance
Bredin Prat
Linklaters
Darrois Villey
Rambaud Martel
Hengeler Mueller
Nörr Stiefenhofer Lutz
Veil Jourde
Willkie Farr & Gallagher
Dewey Ballantine
Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom

Es handelt sich um die Anwaltskanzleien, die laut JUVE allein für die Übernahmeschlacht Sanofi – Aventis angeheuert worden sind.

TRANCE

Zum Prozessauftakt gegen „Turbo-Rolf“ hat der Angeklagte den Vorwurf abgestritten, eine Mutter und ihr Baby von der Autobahn gedrängt zu haben. Laut Spiegel online ist die Beweislage dürftig. So soll ein wichtiger Zeuge Teile des Kennzeichens erst angegeben haben, nachdem ihn ein Polizeipsychologe in Trance (!) versetzt hatte.

Bei einem Beschuldigten ist diese Vernehmungsmethode ausdrücklich verboten. § 136a Strafprozessordnung untersagt es, einen Beschuldigten zu hypnotisieren. Interessant ist, dass so gewonnenen Vernehmungsergebnisse selbst dann nicht verwendet werden dürfen, wenn der Beschuldigte zustimmt.

Natürlich kann der Beschuldigte es rügen, wenn bei einem Zeugen derart unerlaubte Vernehmungsmethoden angewandt werden. Sollte ein Gericht seine Entscheidung wirklich auf so eine Aussage stützen, dürfte das Urteil ziemlich wackelig sein – um es vorsichtig auszudrücken.

Update: Die Süddeutsche Zeitung zitiert den Anwalt der Nebenkläger:

Rechtsanwalt Paul Kleiser, der den Vater des getöteten Kindes vertritt, fragte den Angeklagten zudem, warum er sich nach dem Unfall nicht gemeldet habe, obwohl er von der Fahndung nach einem S-Klasse-Mercedes gewusst habe. „Da setzt man sich doch mit der Polizei in Verbindung, schon um den Verdacht auszuräumen“, sagte der Anwalt. Der Angeklagte sagte, er habe Angst gehabt, die Polizei werde den „kürzesten Weg“ wählen und ihn verdächtigen.

Das Statement des Anwalts ist die lebensechte Umsetzung der vorstehenden Karikatur.

POLICE ACADEMY – SCHON WIEDER

Wenn ein Haftbefehl droht, ist Strafverteidigung ein hektisches Geschäft. Und das Wochenende plötzlich mit Terminen angefüllt. In stickigen Haftzellen und rauchigen Vernehmungszimmern. Wenn der Haftbefehl jedoch abgewendet ist und der Beschuldigte wieder nach Hause darf, nimmt noch jedes Ermittlungsverfahren seinen behördlichen Gang.

Richtig erfreut ist der Verteidiger, wenn er dann erfährt, dass in den zwei Wochen seit der Hektik überhaupt nichts passiert ist. Grund: Die Unterlagen schlummern im Eingangskörbchen des zuständigen Kriminalkommissariats. Dort warten sie auf Vergabe eines Aktenzeichens. Erfrischend auch die Auskunft der Vorzimmerdame: „Eine Woche müssen Sie sich schon noch gedulden.“

Drei Wochen Vorlaufzeit, bis sich mal wieder ein Kriminalbeamter mit der Sache beschäftigt. Und entscheidet, ob noch Spuren zu sichern oder Zeugen zu hören sind. Vielleicht hängt die miserable Aufklärungsquote auch von solchen behördeninternen Abläufen ab.

Wird vielleicht doch mal Zeit, dass McKinsey kommt.

Zum Thema auch der Express: „Die Kripo wird kaputtgespart”

FORMULARE

Weil seine Frau die Scheidung beantragte, schaltete Herr M. auf stur. Obwohl ihn das Familiengericht mehrfach aufforderte, reichte er nicht die Fragebögen zum Versorgungsausgleich ein. Die Folge war ein Zwangsgeld von 200,00 Euro. Die hat Herr M. bezahlt. In der Hoffnung, seine Ruhe zu haben.

Zwangsgeld bedeutet aber nicht Lösegeld. Das Gericht hat das Geld zwar kassiert, aber nach einigen Wochen erneut zugeschlagen. Mit 100 % Aufschlag. Und ich soll etwas dagegen machen, weil es Herrn M. doch langsam teuer wird.

Das einzige, was mir einfällt, ist ein guter Rat: Füllen Sie die Formulare aus und reichen Sie diese ein. Oder wandern Sie in den australischen Dschungel aus. Aber machen Sie sich nicht übermäßig viele Hoffnungen, dass man Sie dort nicht doch erwischt. Bei Formularen kennen deutsche Gerichte kein Pardon…

FINTE

Die Beförderung eines Angestellten ist mitunter nur eine Finte, um die Kündigung vorzubereiten. Denn leitende Angestellte kann der Arbeitgeber viel einfacher entlassen als normale Arbeitnehmer. Die Tricks und wie man sich wehren kann, schildert der Düsseldorfer Arbeitsrechtsexperte Dr. Stefan Röhrborn im manager-magazin.

SYSTEM CHEFARZT

Chefärzte kriegen ein Gehalt. Mit „Nebentätigkeiten“ können sie aber mitunter ein Vielfaches erzielen. In Berlin muss ein Arzt jetzt fast eine Million Euro an die Charité zahlen, weil er im Rahmen dieser Nebenjobs Personal und Geräte des Krankenhauses genutzt hat.

Der Artikel in der BZ lässt ahnen, wie das „System Chefarzt“ funktioniert.

(danke an HandakteWebLAWg für den link)

POLICE ACADEMY 8

POLICE ACADEMY 8

Feldstudie mit den Schülern der Rechtskunde-AG. Der freundliche Mitarbeiter vom Landgericht schaut immer, dass wir zu einer Drogenstrafkammer kommen. Der Prozess fing in pädagogischer Hinsicht auch vielversprechend an.

Einem jungen Marokkaner – aus der Untersuchungshaft vorgeführt – wurde zur Last gelegt, eine Tasche mit ein Kilogramm Heroin in einem U-Bahnhof entgegengenommen zu haben. Der Verteidiger, Rechtsanwalt H., schaffte es jedoch innerhalb einer Stunde, die Anklage aufzumischen: Der Lieferant arbeitete mit der Polizei zusammen. Ihm war vom Staatsanwalt in Aussicht gestellt worden, dass er nicht in Untersuchungshaft muss, wenn er seinen Abnehmer liefert. Aus einem Durchsuchungsbeschluss war ihm bekannt, dass er einen „Said“ ans Messer liefern soll.

Das Treffen ließen die Polizeibeamten den Lieferanten über dessen eigenes Handy ausmachen. Keiner konnte sich mehr daran erinnern, ob wirklich ein Dolmetscher anwesend war, als der neu angeworbene Spitzel einen „Said“ zum Treffen bat. Ebenfalls war völlig unklar, was gesprochen wurde. Leider hat man vergessen, das Telefonat aufzuzeichnen.

Aber es geht noch weiter.

Der Angeklagte, der dann als „Said“ an der U-Bahn-Station auftauchte, ist dummerweise nirgends als Said bekannt. Nicht einmal im Handy des Spitzels ist er als Said gespeichert. Dort steht er unter seinem richtigen Namen, der völlig anders lautet. Dann stellte sich noch heraus, dass niemand wirklich genau gesehen hat, ob „Said“ die Tasche tatsächlich genommen hat. Und dass der Spitzel die Version, wie er an den Stoff gekommen ist, während seiner Aussagen mindestens dreimal geändert hat.

Letztlich fragte der Kollege einen der Polizisten: „Ist Ihnen eigentlich niemals der Gedanke gekommen, dass Ihr neuer Mitarbeiter Sie komplett verarscht?“ Die Antwort: betretenes Schweigen.

Ich hatte ein bisschen den Eindruck, das Gericht vertagt die Sache nur deswegen um eine Woche, damit es nicht in Anwesenheit der Schulklasse zu einem Freispruch erster Klasse kommen muss.