BGH VS. BILD
Streit. Ein ungewöhnlicher noch dazu.
Das zweithöchste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof (BGH), schimpft beim Presserat über die BILD-Zeitung. BILD hatte massiv ein Urteil des BGH kritisiert, das zur Freilassung eines vorbestraften Vergewaltigers führte. Der Mann hatte im Schwimmbad zwei Mädchen an den Po gefasst und dafür vom Landgericht Bochum zwei Jahre Haft kassiert. Mit anschließender Sicherungsverwahrung!
Der BGH hob dieses Urteil als überzogen auf. Kurze Zeit später vergewaltigte der Mann eine Frau. BILD reagierte mit Wertungen wie „Saustall Justiz“ und „Skandalrichter“. Auf einem Foto waren die BGH-Richter mit Augenbalken wie Verbrecher abgebildet.
BGH-Präsident Günter Hirsch meint laut beck-aktuell, diese Berichterstattung sei nicht mehr durch die Pressefreiheit gedeckt. Hirsch: „Dem Opfer gehört unser ganzen Mitgefühl. Aber hierfür den BGH verantwortlich zu machen, der nach Recht und Gesetz entschieden hat, ist polemisch.“
Chefredakteur Kai Diekmann schießt zurück. Der BGH habe „gegen alle Warnungen von Polizei und Sachverständigen die Freilassung eines schwerstkriminellen sexuellen Serientäters veranlasst. Hierüber und über die berechtigte Empörung des Opfers über eine derartige Rechtsprechung haben wir in aller Schärfe berichtet. Der Fall dokumentiert die Entfremdung zwischen Bürgern und Justiz – solche Urteile sind nicht mehr vermittelbar.“ Diekmann gibt sich siegessicher: Auch der Presserat wisse, „dass in diesem Land die Justiz von Kritik nicht ausgenommen ist“.
Warum spielen die Richter die beleidigte Leberwurst? Jeder läuft Gefahr, von der Boulevardpresse mal durchgenudelt zu werden. In so einem Fall auf Ehre des hohen Hauses zu pochen und Respekt für die Justiz einzufordern, vergrößert doch die Verbitterung. Und weckt tatsächlich ein bisschen den Eindruck, die Richter hätten in der Sache nichts entgegen zu setzen.
Vor diesem Hintergrund können die Richter mit ihrer Eingabe an den Presserat nur verlieren. So oder so.