INTERNETT

Wo wir heute schon mal über Nerds gesprochen haben, veröffentliche ich als Revanche einen Beitrag aus der Reihe „Juristen erklären das Internet“:

F: Was ist ein FTP-Server?
A: Es antwortet LG Braunschweig, Urteil vom 21.7.2003 – 6 KLs 1/03, rechtskraeftig, CR 2003, 801:
FTP-Server sind Systeme, in denen gecrackte, also nach Ueberwindung des Vervielfaeltigungsschutzes kopierte, Software geladen ist.

Danke für den Tipp, Andrejs Blog.

Frank Lachmann (argh) weist auf eine ganze Sammlung solcher Stilblüten hin. Daufaq hat ein vielversprechendes Ziel:

Endlich können alle DAUs an der Weisheit der Juristen teilhaben und das Wesen des Internet in seiner ganzen Pracht erkennen und so zu einer höheren Daseinsform aufsteigen.

Und was sind DAUs?

ELTERNZEIT

Der Erziehungsurlaub heißt jetzt Elternzeit. Genommen werden kann die normale Elternzeit nach dem Gesetz bis zur „Vollendung des 3. Lebensjahres“ des Kindes.

Einer meiner Mandanten ist nicht nur Arbeitgeber. Sondern auch Nerd. Deshalb fragte er mich, wann die Elternzeit jetzt juristisch genau endet, wenn der Sohn seiner Mitarbeiterin F. am 3. Dezember 2000 geboren wurde.

Klar, dachte ich, die Elternzeit endet logischerweise am 3. Dezember 2003. Frau F. musste also wieder am 4. Dezember arbeiten gehen. Zum Glück habe ich vor der Antwort noch einmal ins Gesetz geguckt. Nach § 187 BGB wird der Tag der Geburt erstaunlicherweise bei der Berechnung der Frist komplett mitgerechnet. Konsequenz: Die dreijährige Elternzeit endete schon am 2. Dezember 2003, 0 Uhr.

Da es auch in den meisten Broschüren falsch steht, würde ich wetten, dass jede Menge Elternzeitler ihre Arbeit mit einem abmahnfähigen Verhalten beenden. Sie fehlen schlicht und einfach unentschuldigt, was ja bekanntermaßen ein Grund für eine Abmahnung oder sogar Kündigung sein kann.

Meinen Mandanten habe ich allerdings überzeugt, dass er besser gar nicht groß diskutiert. Wer möchte schon als jemand dastehen, der eine Mutter nicht mit ihrem Kind den 3. Geburtstag feiern lässt? Das verstand sogar er. Vielleicht ist er doch kein Nerd.

GELD ZURÜCK

GELD ZURÜCK

Wer eigene oder fremde Daten mit Erlaubnis auf CD?s oder DVD?s kopiert, kann die Urheberrechtsabgabe von der GEMA zurück verlangen. So wird es zumindest hier berichtet . Die Abgabe wird beim Kauf jedes Datenträgers automatisch erhoben.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

GELD ZURÜCK?

GELD ZURÜCK?

Bei bis zu 40 Millionen Lebensversicherungen könnten die Abschlusskosten zu Unrecht berechnet worden sein. Es geht um richtig Kohle – bei jedem Vertrag. Wer eine Lebensversicherung hat, sollte unbedingt diesen Artikel von Andreas Kunze in der ZEIT lesen.

Ich werde am Wochenende eine Anfrage an meine beiden Lebensversicherungen schicken.

(via Handakte WebLAWg)

AM ENDE

Ein Anwalt begründet seinen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente:

In 25 Jahren habe ich eine Abneigung gegen den Beruf des Rechtsanwalts entwickelt, den ich als geprägt von einem zweckdienlichen, listigen, möglichst rückhaltlos den eigenen Mandanten unterstützenden, der Wahrheit einen eigenen Zuschnitt gebenden Verhalten empfinde. Mit dieser Überzeugung zu leben und sie weiter als Teil der Anwaltsarbeit in Kauf zu nehmen, habe ich jahrelang versucht, bis ich einfach nicht mehr konnte.

Also meine Arbeit ist ganz anders. Ehrlich!

(gefunden im Handakte WebLAWg)

HOFFNUNG

Seine Business-Homepage hatte Herr S. schon nach der Testphase gekündigt. Doch der rosa Riese buchte munter weiter ab. Schließlich platzte Herrn S. der Kragen. Er stornierte den Dauerauftrag. Und zog monatlich EUR 12,75 von der Rechnung ab. Neulich nahm Herr S. dann mal die Dienste eines Drittanbieters in Anspruch. Dessen Kosten zieht die Telekom gleich mit der Rechnung ein. Doch obwohl man dort genau weiß, wofür die EUR 12,75 abgezogen werden, kürzte die Telekom die Auszahlung an die andere Telefonfirma. Die macht jetzt „EUR 18,79 abzüglich erhaltener EUR 6,04“ geltend – die Differenz hat die Telekom brav sogar noch brav überwiesen.

Herr S. kriegt jetzt natürlich böse Briefe. Vom Inkassobüro der Drittfirma. Sofern entweder dort oder bei der Telekom mal jemand den Sachverhalt begreift, müsste man eigentlich einsehen, dass die Forderung der anderen Firma erloschen ist – durch das freundliche Inkasso der Telekom. Wenn die erhaltenes Geld nicht weiter leitet, dürfte das doch kaum das Problem von Herrn S. sein.

Aber wahrscheinlich mache ich mir da zuviele Hoffnungen…

CLEVER

Bei manchen Sachen zieht es sogar mir die Schuhe aus. Wie zum Beispiel bei der Maklerrechnung, die für ein Mehrfamilienhaus erstellt wurde. Der Briefbogen entspricht haarklein dem der Maklerfirma. Unterschrieben hat auch der Angestellte, mit dem mein Mandant immer zu tun hatte.

Nur die unten aufgedruckte Kontonummer – das war diesmal die private des Angestellten. So wanderten 23.490 Euro ins falsche Töpfchen.

Jede Wette, dass mein Schreiben an den cleveren Herrn zurückkommt: Empfänger unbekannt verzogen…

WESTLICH

Unfallschilderung:

Herr M. befuhr die V-Straße Richtung Norden auf dem westlichen der beiden vorhandenen Fahrstreifen. An der Einmündung der D-Straße fuhr der Zeuge S. vor ihm auf der als Linksabbiegerspur gekennzeichneten Fahrbahn und beabsichtigte in die D-Straße abzubiegen. Als sich Herr M. nun dem gerade an der Grünlicht zeigenden Lichtzeichenanlage anfahrenden Fahrzeug des Zeugen S. von hinten näherte, scherte er nach links in die Fahrbahn des Gegenverkehrs aus … Es kam zur Kollision der Fahrzeuge, wodurch das Fahrzeug des Herrn M. gegen das vor der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage stehende Fahrzeug des Zeugen R. geschleudert wurde, welches seinerseits das dahinter stehende Fahrzeug des Zeugen K. beschädigte.

Natürlich von einem Juristen.

DAS WEBLOG DER VERTEIDIGUNG

Die Online Journalism Review zu einem Trend in der US-Strafverteidigung:

„High-profile defendants have found a new way to temper the media circus and get more control over the spin on their stories: by becoming Web publishers.“

Es gibt sicher Fälle, in denen sogar ein Weblog ein probates Mittel für die Verteidigung sein könnte. Ich überlege nur mal so spontan, welchen Effekt auf die öffentliche Meinung ein Weblog des „Kannibalen von Rotenburg“ und seines Verteidigers haben könnte…

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

UNFREUNDLICH

Das Finanzgericht Gotha hat das Thüringer Arbeitsamt zu bürgerfreundlicherem Verhalten ermahnt. Nachdem einer Mutter zu Unrecht Kindergeld verweigert worden war, lehnte das Amt auch den Widerspruch ab, ohne eine Begründung der Mutter abzuwarten. Die auf Klage entstandenen Anwaltskosten muss es nun tragen (Az.: III 224/03), berichtet beck-aktuell.

Nach Auffassung des Richters muss eine moderne, rechts- und sozialstaatlich orientierte Verwaltung darum bemüht sein, einem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen, und dürfe ihm durch eine vorschnelle Entscheidung nicht die Geltendmachung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren erschweren.

Das wird das Selbstverständnis vieler Bürokraten schwer erschüttern.

(via Vertretbar.de)

SCHWEISS

Wegen der Blogawards steht vielen Bloggern ja deutlich Schweiß auf der virtuellen Stirn. Oder wie kann man sonst die „Nominiert mich! Nominiert mich!“ – Befehle (wörtliches Zitat!) interpretieren, die einem plötzlich aus jedem zweiten Weblog entgegenblinken?

HALTEN UND PARKEN

Ein Mandant bringt seine Eltern frühmorgens zum Bahnhof. Er will sie nur rauslassen, 2 Koffer aus dem Kofferraum nehmen. Wegen gesundheitlicher Probleme muss auch direkt dort gehalten werden. Ein Parkwächter will partout 1 Euro kassieren – so viel kosten 30 Minuten. Der Mandant weigert sich. Jetzt mahnt die Parkfirma das Geld schriftlich an. Und macht gleich noch 14 Euro Bearbeitungsgebühren geltend.

§ 12 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung schreibt vor:

Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt.

Solange der der Fahrer „jederzeit abfahrbereit“ ist, hat er sein Auto nicht verlassen. Das ist der Fall, weil der Mandant jederzeit hätte losfahren können. Aussteigen allein ist überdies auch wörtlich nicht unbedingt ein „Verlassen“, weil damit die räumliche Trennung zwischen Fahrer und Auto gemeint ist. Verlassen ist also etwas anderes als Aussteigen.

Grundsätzlich hat der Mandant also eher nicht geparkt. Eine andere Frage ist, ob eine private Firma für den von ihr bewirtschafteten Grund etwas anderes vorschreiben kann. Und ob das in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist. Da auf dem Bahnhofsvorplatz die Straßenverkehrsordnung gilt, wird der Betreiber wahrscheinlich Probleme haben, sich auf eventuelle anderslautende Bedingungen zu berufen. Zumindest würde eine solche Klausel ja von der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Halten und Parken gravierend abweichen. Sie wäre „überraschend“ und damit unwirksam.

Sollen wir das durchfechten?

ARGH

Ein Anbieter von „Telefon-Erotik“ hat Strafanzeige erstattet. Weil ein Mandant angeblich die Dienstleistungen von Biggi, Samantha und Veronika nicht bezahlt hat.

Jetzt versuchen wir mal, einer deutschen Richterin den Sachverhalt zu vermitteln:

Mein Mandant hat die Karte zwar gekauft. Aber er hat sie an seinen Bruder weitergegeben. Und der sagt, er hätte sie weiter verschenkt.

Wieso verschenkt Ihr Mandant denn sein Handy?

Nicht das Handy, die Karte.

Ja, aber ohne Karte hat das Handy doch keine Telefonnummer.

Doch, mein Mandant hat sich eine Karte mit Vertrag zugelegt. Deshalb hat er die Karte nicht mehr gebraucht und sie seinem Bruder geschenkt. Das alte Handy hat er bei ebay versteigert, weil bei dem Vertrag ein neues dabei war. Und der Bruder hatte auch schon ein Handy. Der brauchte nur die Karte.

Und welche Nummer hatte dann Ihr Mandant?

Eine neue.

Und der Bruder?

Die alte, die auf der verschenkten Karte gespeichert ist.

Aber warum hat Ihr Mandant dann die Karte nicht abgemeldet?

Weil es eine CallYa-Karte ist, die läuft automatisch aus, wenn kein Guthaben mehr drauf gespeichert ist.

Verstehe ich nicht, wenn ich mein Telefon abmelde und eine neue Nummer will, muss ich einen Antrag stellen.

Aber nicht bei einer CallYa-Karte. Die kann man einfach so weitergeben, und dann kann jemand anderes damit telefonieren.

Aber der Name steht doch noch bei der Telefonfirma drin. Ist das kein Beweis dafür, wem die Karte gehört? So wie mir mein Telefon gehört – zumindest, wenn meine Tochter nicht zu Hause ist.

Frau Vorsitzende, das Bundesverwaltungsgericht hat gerade erst entschieden, dass die Telefonfirmen bei Prepaid-Karten die Namen und Adressen der Käufer nicht speichern müssen. Im Übrigen: Wenn ich einen Fön kaufe und für die Garantie meine Adresse angebe, kann ich den Fön auch weiter verkaufen, ohne dass ich die Adresse ändern muss. Bloß weil der Händler meine Adresse hat, muss ich nicht unbedingt der sein, der später den Fön jemanden in die Badewanne wirft.

Also, jetzt wird es mir zu kompliziert. Ich glaube wir hören uns beim nächsten Mal den Bruder als Zeugen an.

Besser is das.