FUSSFESSEL

Das Land Hessen will die elektronische Fußfessel flächendeckend einführen, berichtet beck-aktuell. Bereits 107 Personen haben sich die Fußfessel anlegen lassen. Damit kann Untersuchungshaft verhindert werden. Das entlastet auch den Staatshaushalt, denn die Fußfessel kostet deutlich weniger als der Aufenthalt hinter Gittern. Ein anderes Einsatzgebiet ist die Überwachung von Bewährungsauflagen. Nur 8 der „Probanden“ verstießen während der dreieinhalbjährigen Testphase gegen die Verhaltensregeln.

Endlich mal ein vernünftiger Ansatz, um die veheerenden Folgen der herkömmlichen Untersuchungshaft zu entschärfen.

RÄTSEL

RÄTSEL

Die „konsolidierte“ Fassung eines Gesetzes – was ist das eigentlich? Der advobLAWg löst das Rätsel:

Gesetze werden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Handelt es sich bei der Veröffentlichung um eine Änderung eines bestehenden Gesetzes, so werden nur die Änderungen abgedruckt, nicht aber das (gesamte) Gesetz in seiner neuen Fassung […] Der Volltext des Gesetzes in der geänderten Fassung entsteht dadurch, dass sich jemand die Arbeit macht und die Gesetzesänderungsanweisungen in die letzte aktuelle Fassung des Gesetzestextes einarbeitet. So entsteht die sog. „konsolidierte Fassung“ des geänderten Gesetzes.

(link gefunden bei Vertretbar.de)

ZWISCHENLAGER

Vor 10 Tagen habe ich einen Überweisungsauftrag in den Briefkasten meiner Bank geworfen. Jetzt ist die Zahlung online immerhin als „gebucht, aber noch nicht ausgeführt“ vermerkt. Woran liegt es? An der Meldepflicht wegen möglicher Geldwäsche? Eigentlich sollte man ja vermuten, dass man mit einer Überweisung an sich selbst kein Geld waschen kann.

Bleibt neben organisatorischen Defiztiten als Erklärung nur eine gewisse Verärgerung meiner Bank, dass ich größere Beträge ganz dreist bei der Konkurrenz zwischenlagere, bevor sich später das Finanzamt ungeniert bedient.

10 oder 11 Tage zwischen Auftrag und Gutschrift machen bei dieser Summe schon mal ein Mittagessen als Zinsverlust aus. Für mich. Wenn ich den Zinssatz betrachte, zu dem die Bank mein schwebendes Geld weiter verleiht, bestellen wir gleich noch einen schönen Wein dazu. Meine Hausbank bringt nämlich nicht nur kein vernünftiges Tagesgeldangebot zu Stande; sie verweigert auch konsequent Zinsen aufs Girokonto.

Ich würde ja wechseln, wenn ich nur nicht fürchten würde, dass es woanders auch nicht besser ist.

GARANTIE

Fast alle deutschen Autohersteller haben nach einem Bericht des Express die Werksgarantie abgeschafft. Keine Neuwagengarantie gibt es mehr bei BMW, Ford, Mercedes, Porsche und VW.

Wozu auch, könnte man fragen? Schließlich gibt es die verlängerte gesetzliche Gewährleistungspflicht von 2 Jahren. Diese hat aber einige Haken und reicht nicht immer so weit wie die Werksgarantie:

Der Händler haftet zwar 2 Jahre für Fehler, die bereits beim Autokauf vorlagen. Nur in den ersten 6 Monaten muss er aber nachweisen, dass die Fehler nicht von Anfang an existierten. Bei Fehlern, die später auftreten, ist der Kunde in der Beweispflicht. Außerdem: Ohne Herstellergarantie, steht er erst mal hilflos da, wenn der Händler nicht greifbar ist (weil er seinen Firmensitz im Ausland hat) oder wenn er pleite gemacht hat.

Ohne Werksgarantie hat der Kunde bei normalen Mängeln keinen Anspruch mehr gegen den Hersteller.

Ausgestorben ist die gute alte Garantie aber noch nicht: 2 Jahre geben Alfa Romeo, Chrysler, Citroën, Fiat, Lada, Opel, Peugeot, Renault, Saab, Smart und Volvo. 3 Jahre gewähren Daihatsu, Honda, Hyundai, Land Rover, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Suzuki und Toyota.

LUSCHE

Oh, nein. Mich hat ein Richter zum Pflichtverteidiger bestellt. Der Angeklagte, den ich bislang nicht kenne, hatte in der gesetzlichen Frist keinen Anwalt benannt. Dann hat der Richter das Recht, ihm einen Verteidiger an die Seite zu stellen.

Bisher war ich der Meinung, dass Richter in solchen Fällen nur auf Anwälte zurückgreifen, die sie als Luschen kennen und „schätzen“.

Entweder ist der Richter eine löbliche Ausnahme. Oder ich habe beim letzten Auftritt in seinem Gerichtssaal eine so schwache Vorstellung geliefert, dass ich es damit auf seine Pflichtverteidigerliste geschafft habe.

Ich könnte ihn ja offen fragen. Aber ist dann auch mit einer ebensolchen Antwort zu rechnen?

LEBENSVERSICHERUNG

Seit Jahrzehnten ist es üblich, Immobilien über Lebensversicherungen zu finanzieren. Nachdem die Renditen der Versicherungen ins Wackeln geraten sind, bleiben immer mehr Auszahlungssummen hinter den Erwartungen zurück. Und diese Fälle werden sich in Zukunft häufen. Die Folge: Der Immobilienkäufer muss den Kaufpreis nachschießen, soweit ihn die Versicherung nicht deckt. So hätte es jedenfalls gerne die Bank.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe schiebt dem aber einen Riegel vor. Stehe im Vetrag „Tilgung erfolgt durch eine Lebensversicherung“, könne die Bank auch nur die Versicherungssumme verlangen. Wenn der Kunde das Risiko der Unterdeckung tragen solle, müsse das besonders vereinbart werden.

(Näheres bei beck-aktuell)

BESCHAULICH

Das 300-Seelen-Dörfchen Schauberg in Oberfranken darf für sich beanspruchen, dass im Umkreis von mindestens 3 Kilometern kein einziges Mobilfunknetz zur Verfügung steht. Toll, wenn man ausgerechnet noch in einem winzigen Hotel mit Blick auf den ehemaligen innerdeutschen Todesstreifen eingebucht ist, das keine Telefone auf den Zimmern hat.

Noch erstaunlicher, wenn man dann merkt, dass trotz dieser unerwarteten Isolation weder die berufliche noch die private Welt aus den Fugen gerät :-)

„SEHR SCHNELL“

„SEHR SCHNELL“

Christoph Keese schreibt in Spiegel online über den Fall des Deutsch-Bank-Chefs Ackermann:

Staatsanwälte und Richter sollten daraus nicht folgern, dass Vorständen kein Prozess gemacht werden kann. Aber sie schulden ihnen extreme Sorgfalt vor Anklageerhebung und dann ein sehr schnelles Verfahren. Zumindest Letzteres ist im Fall Ackermann unbefriedigend. Wann der Prozess beginnt, ist so unklar wie seine Dauer. Die Spekulationen schwanken zwischen einigen Monaten und einigen Jahren. Genau an diesem Punkt ist das Nicht-Ansehen der Person gefährlich. Das Gericht würde nichts von seiner Unabhängigkeit verlieren, wenn es zügig beginnt und schnell zum Urteil kommt. Nur so kann es unnötigen Schaden von Ackermann abwenden.

Seit wann denken unsere Strafgerichte denn daran, durch zügige Prozesse und schnelle Urteile Schaden von Angeklagten abzuwenden?

Wie viele tausend andere gehen Tag für Tag durch das Fegefeuer eines schwebenden Verfahrens?

Es wäre ja wunderbar, wenn der Prozess Ackermann die einzige Sache wäre, die nicht ratzfatz erledigt wird. An Amtsgerichten dauert es mitunter 3 Monate, bis ein einziger Brief eines Richters überhaupt die Poststelle verlässt. Auf Verhandlungen warten Angeklagte mitunter 1 Jahr und länger. An vielen Landgerichten sieht es nicht wesentlich besser aus.

Was ist im Übrigen mit der Unzahl Menschen, die in Untersuchungshaft sitzen? Bei vielen wird die höchstzulässige Haftdauer von einem halben Jahr fast schon routinemäßig verlängert – mitunter bloß wegen „Überlastung des Gerichtes“. Im Sommer hat mir ein Jugendrichter einen Haftverlängerungsbeschluss für einen 17-jährigen geschickt, in dem er die Verzögerung mit der „beginnenden Ferienzeit“ begründet. Sein einziger Trost: „Ich mache den Termin dann gleich in der ersten Woche nach meinem Jahresurlaub.“

So lange Leute in Untersuchungshaft schmoren und beim Warten auf den Prozess ihren Beruf und ihre Familie den Bach runtergehen sehen, schuldet der Staat Herrn Ackermann beim besten Willen kein „sehr schnelles Verfahren“. Insoweit ist es nur gerecht, wenn er sich genauso hinten anstellen muss, wie alle anderen Beschuldigten auch.

WIDERRUF / TÄUSCHUNG

WIDERRUF / TÄUSCHUNG

2 wichtige Urteile für ebay-Junkies:

1. Die Widerrufsrechte nach dem Fernabsatzgesetz stehen Verbrauchern auch zu, wenn sie Waren im Internet ersteigern. Das hat das Amtsgericht Kehl entschieden (abgedruckt in der JurPC).

Ein findiger Verkäufer wollte das Widerrufsrecht ausschließen, weil es sich um einen Vertrag gemäß § 156 BGB (Versteigerung) handelt. Das Amtsgericht Kehl meint jedoch zu Recht, dass diese Sondervorschrift nur für klassische Versteigerungen gilt, bei denen ein richtiger Auktionator tätig ist. Demnach bleibt es beim vollen Widerrufsrecht.

2. Ein Käufer kann den Kaufvertrag auch dann rückgängig machen, wenn ihm ein Vorbesitzer verschwiegen wird. Ein Anbieter hatte bei ebay ein defektes Handy verkauft. Den Defekt hatte er ausführlich beschrieben, nicht aber, dass er das Handy von einem Freund geschenkt bekommen hatte. Das Gericht glaubte dem Käufer, dass er ein Handy aus erster Hand erwerben wollte und machte den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung rückgängig (ebenfalls AG Kehl in Jur PC).

Das kann man sicher auch anders sehen. Wenn die Fehler am Handy korrekt beschrieben waren, warum ist es dann wichtig, wieviele Vorbesitzer es hatte? Aber das Argument als solches kann immer aus der Tasche gezogen werden. Vor Gericht kommt der Erfolg eben oft durch die Hintertür…

NICHTS WERT

4 Jahre und 9 Monate Gefängnis. Das hatte der Vorsitzende einer Strafkammer dem Verteidiger telefonisch zugesagt – falls dessen Mandant gesteht. Vor der Verhandlung fragte der Anwalt noch, ob „alles beim Alten“ bleibt. Der Angeklagte gab die Sache zu – und kassierte 8 Jahre Gefängnis.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil bestätigt, so beck-aktuell. Ein Angeklagter könne sich nur auf Zusagen des Gerichts berufen, wenn diese öffentlich erörtert und vor allem im Protokoll festgehalten seien.

An sich bringt die Entscheidung nichts wesentlich Neues. Absprachen im Strafprozess bleiben nach wie vor erlaubt. Sie müssen aber unter Mitwirkung aller Prozessbeteiligten zu Stande kommen und hinreichend „transparent“ sein. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber eine unbedingte Protokollierungspflicht? Nicht nur an Amtsgerichten wird die Gefahr bestehen, dass Richter die Klappe zumachen, nach dem Motto: Meinen sie etwa, dass mein Wort nichts wert ist?

Soll er sich beim Bundesgerichtshof bedanken.

GESCHICHTEN AUS DER MÄNNERWELT

GESCHICHTEN AUS DER MÄNNERWELT

Meine Kollegin hatte einen Termin am Amtsgericht. Sie war so freundlich, eine dicke Strafakte für mich mitzunehmen. Auf der Wachtmeisterei des Amtsgerichts, wo die Pakete eingeliefert werden, führte sie dann folgenden Dialog mit einem der 5 oder 6 Herren, die sich um den riesigen Posttisch verteilen:

Wachtmeister: Das können sie hier nicht abgeben, da müssen sie zur Poststelle des Landgerichts.

Kollegin: Mist, in 2 Minuten beginnt meine Verhandlung.

Wachtmeister: Und die Akte ist doch auch zu schwer für sie. Lassen sie das Ding mal hier. Ich habe immer ein offenes Herz für nette Frauen.

Kollegin: Besser als eine offene Hose.

Grölendes, minutenlanges Lachen. Behauptet zumindest meine Kollegin.

ABSURDISTAN

Der koreanische US-Einwanderer Sang Yeul Lee konnte kein Englisch. Die Warnschilder „Vorsicht, Strom!“ sagten ihm nichts.
Er pinkelte in Chicago auf die Gleise – Stromtod. Seine Witwe klagte gegen die Eisenbahngesellschaft: 1,5 Mio Dollar Schmerzensgeld.

Falls jemand noch heute noch keinen Grund zum Lachen hatte: 19 weitere verrückte Urteile stehen im Express.

IMMUN

Ein Mandant kriegt eine Vorladung von der Polizei. Der Termin ist schon in 2 Tagen. Ich melde mich per Fax und füge die Vollmacht bei. In dem Schreiben teile ich mit, dass mein Mandant sich derzeit nicht zur Sache äußern will. Dementsprechend wird er den Termin nicht wahrnehmen. Das ist grundsätzlich kein Problem, denn niemand ist verpflichtet, auf eine Vorladung der Polizei zu reagieren.

Der Polizist ruft trotzdem am Tag der geplanten Vernehmung bei meinem Mandanten an und moppert diesen an, warum er „unentschuldigt“ fehlt. Auf den Hinweis, dass ich mich schon lange als Anwalt gemeldet habe, antwortet der Beamte:

Ich habe hier nur ein Fax. Das interessiert mich nicht, Faxe sind unwirksam.

Klingt schlau, ist aber komplett daneben. Selbst Richtern und Staatsanwälten ist mitunter nicht bekannt, dass die Strafprozessordnung nirgends eine besondere Form für die Vollmacht vorschreibt. Vielmehr spricht sogar eine Vermutung dafür, dass der Anwalt, der sich als Verteidiger meldet, auch tatsächlich einen Auftrag hat. Nur wenn hieran Zweifel bestehen, darf die Vorlage einer Vollmacht verlangt werden (Meyer-Goßner, StPO, vor § 137 Randnummer 9). Da Anwälte meistens ihre Dienste nicht aufdrängen, dürfte dieser Fall extrem selten sein.

Wenn für die Vollmacht oder die Mitteilung, dass ich einen Beschuldigten vertrete, keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, kann ein Fax nicht einfach ignoriert werden. Schon gar nicht mehr, seitdem im Bürgerlichen Gesetzbuch Faxübermittlung ausdrücklich für die meisten Rechtsgeschäfte anerkannt ist.

Da gewissen Leute gegen sachliche Argumente ohnehin immun sind, habe ich aber keine Diskussion angefangen. Sondern die Vollmacht mit der Post geschickt.