FREI ERFUNDEN

Ein Beamter der Kreisverwaltung Cloppenburg hat einem abgelehnten Asylbewerber frei erfundene Personendaten zugeschrieben, um ihn leichter abschieben zu können. Vor Gericht wurde er jetzt freigesprochen.

Die ganze – merkwürdige – Geschichte in der Frankfurter Rundschau.

Das ist wieder so ein Fall, auf den das Strafgesetzbuch vielleicht nicht 100%-ig zugeschnitten ist. Aber nicht, weil solche „Kreativität“ in einem Rechtsstaat erwünscht ist. Sondern einzig und allein deswegen, weil sich kein Gesetzgeber so einen Unfug überhaupt vorstellen kann, bevor er wirklich passiert.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

E-R-M-I-T-T-L-U-N-G-SVERFAHREN

Chronologie eines „Ermittlungs“verfahrens wegen schweren Ladendiebstahls:

18.10.02: Die Polizei in R. fertigt eine Strafanzeige.

22.10.02: Das Polizeipräsidium in W. schickt die Akte an das Polizeipräsdium in D mit der Bitte, die Beschuldigte zu vernehmen.

04.11.02: Das Polizeipräsidium in D. verschickt eine Einladung zur Vernehmung für den 24.11.02.

18.11.02: Die Beschuldigte teilt der Polizei telefonisch mit, dass sie sich anwaltlich vertreten lässt.

19.11.02: Die Polizei in D. schickt die Akte an die Polizei in W. zurück.

24.11.02: Ich melde mich schriftlich als Verteidiger und beantrage Akteneinsicht.

20.08.03: Die Staatsanwaltschaft in W. bemerkt, dass sie sachlich nicht zuständig ist. Sie schickt die Akte an die Staatsanwaltschaft in D.

02.09.03: Die Staatsanwaltschaft in D. gewährt mir Akteneinsicht.

Viel passiert in den letzten 11 Monaten, oder?

TITEL

Wer schon mal einen Prozess verloren hat, kennt die Situation. Mit dem Urteil hat die Gegenseite einen vollstreckbaren Titel. Wenn jetzt nicht gezahlt wird, kommen der Gerichtsvollzieher, Lohn- und Kontopfändung. Die meisten überweisen das Geld und freuen sich – endlich ist Ruhe.

Eine Stolperfall gibt es allerdings. Der Gegner ist nach wie vor im Besitz des vollstreckbaren Titels. Den kann er in seine Schublade legen und Jahre abwarten. Häufig sind es aber auch Erben, die dann nach 7, 10, 15 oder sogar 20 Jahren auf das Papier stoßen und sich fragen, ob das Geld denn jemals gezahlt worden ist.

Wer in dieser Situation die Zahlung nicht (mehr) nachweisen kann, hat schlechte Karten. Denn das Urteil oder der Vollstreckungsgbescheid verbriefen den Zahlungsanspruch auf praktisch unbegrenzte Dauer. Wer dann keine Quittung vorweisen kann, zahlt doppelt.

Es ist deshalb superwichtig, sich nach einer Zahlung den Originaltitel aushändigen zu lassen. Am besten mit einem Vermerk des Gegners auf dem Titel, dass dieser bezahlt worden ist. Nur so lassen sich böse Überraschungen vermeiden.

Wenn der Gegner sich nicht rührt, kann man den Spieß sogar umdrehen und auf Herausgabe des Titels klagen.

WEGE ZUM REICHTUM

Wie werde ich reich? Chirurgen müssen sich angeblich nur selbst verstümmeln – schon winken dicke Versicherungsprämien. Laut Express droht jetzt einem Chirurgen aus den neuen Bundesländern sogar Ärger mit dem Staatsanwalt. Er soll sich in der Hoffnung auf Millionen die Finger mit dem Skalpell selbst amputiert haben. Die Behauptung eines Unfalles mit der Kettensäge verweisen die Ermittler ins Reich der Legende.

Noch toller soll es aber der größte Pechvogel unter Deutschlands Chefärzten getrieben haben:

Innerhalb von zehn Jahren stürzte er angeblich mit dem Kopf ins Skalpell (Auge futsch), verlor Daumen und Zeigefinger beim Holzhacken, sein Dackel geriet bei der Jagd in den Flintenabzug (Hand von Schrot zerfetzt), beim Rasenmähen trat er ins Messer (Fuß zerfetzt) und langte dann noch unglücklich ins Mähwerk (Zeigefinger weg).

GEFÜHL

GEFÜHL

Telefonnotiz:

Herr Uwe L. bittet um Rückruf. Er hatte schon 2 Anwälte. Einer will ihm nicht mehr schreiben. Den anderen hat er wegen Befangenheit abgelehnt und bei der Kammer angezeigt. Er braucht dringend einen neuen Anwalt. Telefon…

Warum sagt mir mein Gefühl, dass heute eine ähnliche Notiz bei mindestens 10 weiteren Anwälten auf dem Schreibtisch liegt?

WOCHE DER AUSREDEN

Wir eröffnen die Woche der guten Ausreden. Gestern rettete sich eine Frau mit Odol vor einer Strafe wegen Trunkenheit am Steuer. Heute bemüht ein Chemiker seine Mama, um nicht wegen Anstellungsbetruges verurteilt zu werden:

Sein Zeugnis habe er nur gefälscht, um seiner eigenen Mutter zu gefallen, entschuldigte sich der 41-Jährige vor dem Landgericht Düsseldorf. Das Blatt mit der Note Eins statt Drei sei dann aus Versehen in die Bewerbungsmappe geraten. Die Erklärung klingt seltsam, aber die Richter akzeptierten sie.

Die ganze Geschichte steht hier.

Interessant wäre, warum der Nerd nicht wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist. Wahrscheinlich hat er nur eine Kopie verfälscht und hiervon wiederum eine Kopie vorgelegt. Kopien sind aber in aller Regel schlicht und einfach keine Urkunden.

Ähnlich ist es bei den beliebten Tacho-Justierungen. Es ist nicht verboten, seinen Tacho auf eine genehme Kilomterzahl zu drehen. Und strafbar ist es bislang auch nicht, so einen Service anzubieten. Der Betrug kommt erst ins Spiel, wenn der Besitzer einem Kaufinteressenten den falschen Tachostand als „wenig gelaufen“ unterjubelt.

MORGENSTUND…

MORGENSTUND…

In einem Ermittlungsverfahren hatte ich angeboten, dass sich mein Mandant bei der Polizei vernehmen lässt. Aber nur, wenn ich dabei bin. Die Ladung der Polizei kam prompt:

15. September 2003, 7.00 Uhr.

Da ich 70 Kilometer Anfahrt habe, bat ich den Beamten um einen etwas späteren Termin. Der Polizist zeigte sich sehr kulant:

7.30 Uhr könnte ich machen.

Ich schlug vor, einen anderen Tag zu wählen.

Einen anderen Tag können sie haben. Wollen sie 7.00 Uhr? Oder eine halbe Stunde später?

Auf meine Bitte, a) eine christliche Zeit zu wählen und b) auf meinen Anfahrtsweg Rücksicht zu nehmen, erntete ich nur einen grimmigen Kommentar:

Für Vernehmungen mit Anwalt habe ich keine anderen Termine. Dann bleibt es beim 15. September.

Patsch. Eingehängt. Was machen? Ich entschied mich für ein Fax an den zuständigen Staatsanwalt. Drei Tage später flatterte mir eine neue Einladung der Polizei auf den Tisch:

15. September 2003, 10 Uhr.

Na, bitte. Es geht doch. Auf das Psychoklima bei der Vernehmung bin ich allerdings schon jetzt gespannt…

KOMMENTARE

Die Kommentarfunktion funktioniert derzeit nicht richtig. Es liegt offensichtlich am Anbieter und nicht an euren Browsern, denn im Forum von enetation beklagen etliche Nutzer das gleiche Problem. Sorry für die Umstände.

DOOF?

Die Werbung mit 5 kostenlosen Büchern für eine 2-jährige Mitgliedschaft in einem Buchclub ist keine irreführende Werbung. Hat der Bundesgerichtshof entschieden. Die Kläger hatten geltend gemacht, bei so einem Angebot verliere jeder Verbraucher den Verstand. Was ja schon dadurch widerlegt wird, dass nicht alle Bundesbürger Mitglied in einem Buchclub sind.

Das Urteil ist interessant, weil es (erneut) klarstellt, dass es keinen Grundsatz gibt, wonach Verbraucher doof und übermäßig schutzbedürftig sind. Eine Zusammenfassung gibt es hier.

Das wird die Kollegen aus der Abteilung „abgemahnt & abgezockt“ nicht besonders freuen…

HARTNÄCKIG

HARTNÄCKIG

Heute mal meine urlaubende Kollegin (btw: schöne Grüße vom Lake Tahoe) am Arbeitsgericht vertreten. Unsere Mandantin, eine Firma mit ein paar hunder Beschäftigten, ist sehr angenehm. Sie weiß, wo die Grenzen für Arbeitgeber gesteckt sind. Deshalb bieten wir bei betriebsbedingten Gründen meistens die „Regelabfindung“ an. Die beträgt ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr.

Heute waren wir sogar bereit, noch etwas draufzulegen. Auch die Richter warnten die Klägerin, dass sie den Prozess verlieren kann. Immerhin haben wir ziemlich gute Gründe, die meine Kollegin auch seitenweise dargelegt hat. Die Sozialauswahl stimmt auch. Und der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört.

Obwohl für die Klägerin Euro 25.000,00 rausgesprungen wären, sagte sie kategorisch nein. Selbst auf den Hinweis des Gerichts, dass sie wahrscheinlich gar nichts bekommt, wenn ein Urteil gesprochen werden muss, blockte sie immer noch ab. Und ihr Anwalt bestärkte sie sogar noch darin: „Meine Mandantin möchte unbedingt ihren Arbeitsplatz behalten.“

Wenn die Kündigung aber doch durchgeht, wonach es aussieht, hat die Gute keine Arbeit mehr. Und keine Abfindung.

Das verstehe, wer will.

BERATUNG

Vor dem Besuch beim Anwalt steht fast immer eine Hürde. Die finanzielle. Einige Kollegen machen die Situation nicht einfach. Sie sagen den Leuten auf die Frage, was eine Beratung kostet: „Das ist nicht so teuer. Wir rechnen nur die Erstberatungsgebühr ab.“

Die „Erstberatungsgebühr“ beträgt Euro 232,00. Ich glaube nicht, dass die Mehrzahl der Kunden an so eine Summe denkt, wenn sie „nicht so teuer“ hört…

Hinzu kommt, dass die Aussage sachlich auch noch falsch ist. Die „Erstberatungsgebühr“ ist in Wirklichkeit eine maximale Obergrenze. Mehr darf eine erste Beratung grundsätzlich nicht kosten. Bei niedrigen Streitwerten werden die Kosten meistens deutlich darunter liegen. Wenn es zum Beispiel um eine Forderung von Euro 400,00 geht, beträgt die Beratungsgebühr Euro 30,02.

Ich mache neuen Mandanten, die sich nicht so auskennen, immer folgenden Vorschlag:

Unser erstes Gespräch ist zunächst mal eine Beratung. Die kostet zwischen Euro 30,00 und Euro 50,00 pauschal. Nach der Beratung kennen sie meine Meinung und wissen, was aus meiner Sicht zu tun ist. Auf dieser Grundlage können wir dann entscheiden, ob wir, sofern erforderlich, weiter zusammen arbeiten. Wenn es weiter geht, wird die Beratungsgebühr angerechnet.

Ich glaube, so eine Regelung hat Vorteile für alle Seiten. Für den Mandanten ist das Abenteuer neuer Anwalt kalkulierbar. Ich muss nicht schon am Telefon endlos lange über die Gebührenordnung oder Stundensätze refererieren, sondern kann am Ende der Beratung, wenn ich den Fall kenne, über das spätere Honorar verhandeln. Der Mandant hat außerdem in Form der Beratung auf jeden Fall einen Nutzen, denn er hat einen konkreten Ratschlag erhalten.

PARKSCHEIBE

Eine dänische Parkscheibe ist ein echtes Teufelsding. Zeigt zwar die gleiche Zeit, hat aber kein weißes P. Und keinen blauen Hintergrund. Deshalb gibt es einen Strafzettel, zumindest in Erkrath bei Düsseldorf.

Der Clou: Wer statt einer dänischen Parkscheibe einen Zettel mit der Ankunftszeit aufs Armaturenbrett legt, geht angeblich straffrei aus. Sogar in Erkrath.

Mehr über diese Posse im Express.

ABGEHÖRT

ABGEHÖRT

Spiegel online berichtet unter dem Titel „Mein Handy, eine Wanze“ über die neuesten Abhörtricks der Polizei, insbesondere den IMSI-Catcher:

Der IMSI-Catcher empfängt diese Nummer und macht das Mithören des Anschlusses möglich. Allerdings leiten alle Handys in der Nähe dieser kontrollierten Funkstelle automatisch ihre Daten und Kennummern an den Catcher weiter.

Schnuffelig-treuherzig das Statement aus dem Innenministerium:

„Personenbezogene Daten unbeteiligter Dritter werden nur erhoben, soweit dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Einsatzzwecks unvermeidbar ist. Gegebenenfalls angefallene Daten Unbeteiligter werden nach Einsatzende sofort gelöscht.“

Unvermeidbar … sofort … unbeteiligt. Schöne Worte. Wer mag daran glauben, bei so einem reizvollen Spielzeug?

GEGEBENER ANLASS

Mich erreicht gerade ein Fax des Arbeitsgerichts Wuppertal:

Sehr geehrte Rechtsanwälte,

in Sachen P./C. wird der Kammertermin vom 3. September 2003, 11.30, Gerichtstag Velbert, aus gegebenem Anlass – Explosion der Polizeiwache Velbert – verlegt nach Wuppertal.

Es ist das gleiche Haus.