Sind diese Richter eigentlich für mich zuständig?
Die Frage lohnt sich immer, wie dieses aktuelle Beispiel aus dem Zivilrecht zeigt.
Es ist gar nicht so selten, dass Richter munter Fälle aus ihrem „Spezialgebiet“ an sich ziehen, obwohl der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts hierfür kreativ ausgelegt werden muss.
Zu den beliebten und alltäglichen Fehlern im Strafrecht gehört die Anklage eines Verbrechens (Mindeststrafe ein Jahr) vor dem Strafrichter. Dabei ist für Verbrechen eben nicht der einfache Amtsrichter zuständig, sondern das Schöffengericht. Da sitzen 2 zusätzliche ehrenamtliche Richter.
Wenn der Amtsrichter nicht gerade verschrieen ist, sollte sich der falsch angeklagte Beschuldigte allerdings nicht ans Schöffengericht drängen. Schließlich ist der Strafrahmen dort größer. Es drohen also tendenziell härtere Urteile. Außerdem kann man die fehlende Zuständigkeit mit der Revision angreifen, falls das Urteil vor dem Amtsgericht zu hart ausgefallen ist.
Auch in größeren Sachen sollte man immer gucken, ob das Gericht wirklich zuständig ist. Man wird immer wieder fündig: Da ist ein Zivilrichter schon am 30. des Monats als „Aushilfe“ in einer Strafkammer tätig, obwohl er erst ab dem Monatsersten abgeordnet ist. Oder eine Richterin hat früher mal als Staatsanwältin gearbeitet und im Rahmen einer Urlaubsvertretung die Akte nur einmal auf dem Schreibtisch gehabt.
Die größte Quelle von formalen Fehlern sind aber die Schöffen, also die ehrenamtlichen Richter. Wenn man sich in die Unterlagen vertieft, die meistens sowieso nicht oder nur teilweise greifbar sind, ist mitunter schon die Schöffenwahl nicht ordnungsgemäß gelaufen. Jedenfalls tauchen aber immer wieder Schöffen in Verhandlungen auf, die eigentlich gar nicht dran sind. Schließlich ist es für einen Richter ja auch eine Versuchung, immer wieder einen gerichtsbegeisterten Rentner oder eine Barbara-Salesch-gestählte Hausfrau neben sich zu setzen als den widerwilligen Geschäftsmann, der nie Zeit hat.
Es wäre aber ein gern wiederholter Anwaltsfehler, dem Gericht jeden formalen Fehler sofort mit Triumphgeheul zu präsentieren. Ein Gespräch im Richterzimmer bringt fast immer die besseren Resultate. Motto: Wenn wir diese Schluderei nicht zum Thema machen, könnte uns das Gericht doch vielleicht in diesem oder jenen Punkt entgegen kommen. Teileinstellung, Korrekturen beim Strafmaß, ein verkürztes Fahrverbot – Verhandlungsmasse für einen Kuhhandel ist praktisch immer da.