HYPERAKTIV

Spiegel online über die verkorkste PR-„Strategie“ von Susan Stahnke. Der Bericht widmet sich auch der Rolle der Rechtsanwälte:

Längst will sich niemand mehr in einer Stahnke-Geschichte zitieren lassen, so als bringe jeder Kontakt mit dem Thema Spott und Ärger. Es mag aber auch die Furcht vor den hyperaktiven Anwälten sein: Die Familie Stahnke, übrigens auch der von ihr vermutete Vater, wird von einer großen Hamburger Medienkanzlei vertreten, auch Susan und ihr Mann sorgen für Beschäftigung. Die einzigen, die in den letzten Jahren an der Stahnke-Saga wirklich verdient haben dürften, sind Journalisten und Rechtsanwälte. (Artikel)

Das ist insbesondere auch bei Scheidungen so. Je erbitterter sie werden, desto weniger bleibt am Ende den Parteien selbst. Man sollte es halt nur wissen, bevor man die Keule rausholt.

TRINKST DU MEINS ODER TRINKST DU GAR NICHTS

Frohe Botschaft für alle, die im Fitnessstudio lieber verdursten, als kirschgrüne „Mineral“drinks in sich reinzuschütten:

Eine Klausel, die den Kunden den Verzehr mitgebrachter Getränke untersagt, ist unwirksam. Verbindlichsten Dank an das Oberlandesgericht Brandenburg für diese Entscheidung. Details stehen hier.

Ich packe jetzt eine Flasche Evian in meine Sporttasche, fahre zum Studio und lege mich richtig schön mit der Tussi an der Theke an.

SEITE 1

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Die Düsseldorfer Polizei arbeitet hart daran, ihren Ruf zu bessern. Schließlich kam in der Vergangenheit häufiger der Verdacht auf, dass Beamte – manchmal – nicht ganz objektiv und ohne Ansehung der Person ermitteln, entlastende Umstände übersehen und vor allem gegenüber Ausländern gewisse Vorurteile pflegen.

Da tut es richtig gut, wenn ein ranghöherer Düsseldorfer Polizist im Express ein Vorbild gibt und seinen Untergebenen zeigt, dass Vorverurteilungen im Rechtsstaat eine ganz schlimme Sache sind:

Das Kaliber der Gangster war derart schwer, dass wir bei den Razzien schwer bewaffnetes SEK einsetzten. Die Burschen sind alle gewalttätig. Zwei Griechen und ein Türke mit langer Vorstrafenlatte. Bei dem Vierten, Kalonga T., handelt es sich um einen kokainsüchtigen Schwergewichtsboxer. Wir hatten bis zu 40 Kollegen eingesetzt, um die Bande dingfest zu machen.

Nächste Woche nehmen Musterpolizist Rautenberg und seine Kollegin Edeltraud, die – wir haben aber keine Vorurteile! – nur damit drohen muss, ihren Nachnamen zu wiederholen, damit Geständnisse sprudeln, vielleicht zur Abwechslung einen Deutschen fest. Zum Beispiel den Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes, den unzufriedene Kunden wegen Betruges angezeigt haben. Vorschlag für den Pressetext:

Dr. K. ist ein dicker Fisch. Er trug dunkelblauen Nadelstreifen und eine Gucci-Brille. Vor seiner Villa in Meerbusch, die ein normaler Mensch unmöglich mit legalem Geld bezahlen kann, parkten ein Porsche und ein schwarzer BMW M 5. Auf dem Wohnzimmertisch fand sich ein Laptop. Auf Verbindungen zur organisierten Kriminalität deutete auch der Umstand, dass der Beschuldigte darauf bestand, zunächst mit seinem Anwalt zu sprechen. Außerdem wollte er seine blonde Freundin anrufen, die ein szenetypisches Nagelstudio betreibt. Zum Glück hatten wir das schwer bewaffnete SEK dabei, so dass sich dieser miese Typ nach unserem Auftritt in der edlen Gegend sowieso nicht mehr sehen lassen kann.

Wie gesagt, nur ein Vorschlag. Ingo „Ich bin morgen auf Seite 1“ Rautenberg macht das besser.

SCHUMMEL-STUDENTEN

Der (vermeintliche) BaföG-Schwindel:

Nach den Bummel-Studenten sind nun die Schummel-Studenten ins Gerede gekommen: Massenhaft soll sich der akademische Nachwuchs Bafög ergaunert haben, und zwar mit falschen Vermögensangaben. Auf die Anschreiben der Behörden sollte aber nicht überstürzt reagiert werden.

Zu ihrem Themenschwerpunkt am 8. August hat sich die „3sat börse“ Rat bei mir geholt. Das Infoblatt zur Sendung mit einigen Tipps von mir gibt es auch online.

RAZZIA IN DER BAHN

Die Düsseldorfer Rheinbahn sagt Schwarzfahrern den Kampf an. Und holt die Keule raus:

Auf dem Jan-Wellem-Platz werden seit einer Woche vormittags komplette Züge auf ein Nebengleis gezogen. „15 Mitarbeiter kontrollieren dann die Fahrscheine“, sagt Rheinbahnsprecher Georg Schumacher. (Düsseldorfer Stadtpost, Printausgabe, 8. August 2003)

Das klingt für mich nach Kriminalisierung, mit einer kleinen Prise Freiheitsberaubung und Nötigung. Man kann es sich ja richtig vorstellen, wie das ist, wenn die Bahn plötzlich auf einem Abstellgleis steht, eine Horde Kontrolleure einfällt – und die Türen während der Aktion selbstverständlich geschlossen bleiben. Dass ehrliche Kunden nicht teure Fahrscheine lösen, um auf Abstellgleisen zu versauern, sei nur am Rande erwähnt.

Es werden Tipps entgegengenommen – zur Höhe des erzielbaren Schmerzensgeldes.

THE HEAT IS ON

Den Kriminalfall der Woche, via (umgangssprachlich auch „geklaut“) bei Dirk Olbertz:

Am Dienstagnachmittag sei auf der Wache eine „blonde Dame mittleren Alters“ erschienen, teilte die Polizei in Koblenz am Abend mit. Sie habe den Diebstahl der Seitenscheibe der Fahrertür ihres Pkw melden wollen. Die Frau habe darauf verwiesen, dass die Scheibe fein säuberlich herausgetrennt worden sei und erklärt, es müsse sich um das Werk von Profis handeln.

Das dicke Ende steht wegen dem Copyright wiederum nur bei Reuters.

SPIELVERDERBER

Die deutsche Bürokratie ist immer für Überraschungen gut. Negative. Ein Beispiel ist das neue Gesetz mit der Abkürzung JVEG, nach dem Übersetzer bezahlt werden sollen.

Anhänger eines schlanken Staates müssen bei den folgenden Vorschriften ganz tapfer sein:

Die Entschädigung für die Übersetzung eines Textes aus einer Sprache in eine andere Sprache beträgt 1 Euro je Zeile. Ist die Übersetzung erschwert, insbesondere wegen der Verwendung von Fachausdrücken oder wegen schwerer Lesbarkeit des Textes, so kann die Entschädigung bis auf 3 Euro, bei außergewöhnlich schwierigen Texten bis auf 4,30 Euro je Zeile erhöht werden. Für eine oder für mehrere Übersetzungen auf Grund desselben Auftrags beträgt die Entschädigung mindestens 13 Euro.

Als Zeile gilt die Zeile der angefertigten schriftlichen Übersetzung, die durchschnittlich 50 Schriftzeichen enthält. Werden in der angefertigten Übersetzung keine lateinischen Schriftzeichen verwendet, war aber ein Text mit lateinischen Schriftzeichen zu übersetzen, so sind die Zeilen dieses Textes maßgebend. Angefangene Zeilen von mehr als 30 Schriftzeichen gelten als volle Zeilen, angefangene Zeilen von 30 oder weniger Schriftzeichen werden zu vollen Zeilen zusammengezogen.

Wir sehen ihn vor uns, den deutschen Oberjustizinspektor fürs Gerichtskassen- und Übersetzervergütungswesen.

Tag für Tag wühlt er sich aufopferungsvoll durch stapelweise Papier. Ihn interessiert zunächst nicht der Inhalt. Er prüft nur akribisch, ob jede Zeile auch mindestens 50 Zeichen enthält. Sie können ja mal einen Selbstversuch machen und hier im law blog die Anschläge in 3 Zeilen zählen, dann wissen Sie, dieser Job erfordert Konzentration und Augenlicht. Vor allem wenn man angefangene Zeilen von 30 oder weniger Schriftzeichen auch noch mühsam „zusammenziehen“ muss.

Dann kontrolliert der Beamte, ob der Übersetzer auch die Zeilen richtig gezählt hat. Dazu zählt er – wie schon der Übersetzer zuvor – alle Zeilen. Das dauert schon mal 1 Stunde oder auch 2. Aber je länger der Text, desto größer die Chance, dass der Übersetzer bei der Abrechnung geschludert hat. Es sind nur 531 statt der abgerechneten 533 Zeilen? Hurra, der treue Beamte hat heute Vormittag dem Staat 2 Euro gespart.

Nachmittags widmet sich der Beamte übrigens der Frage, ob der Text einfach, schwer oder sogar außergewöhnlich schwierig ist. Da kann man sich richtig reinknien. Auf Kosten des Steuerzahlers macht das sogar richtig doll Spaß. Und wer sich die Frage erlaubt, ob ein simples Stundenhonorar für Übersetzer in ganz Deutschland nicht vielleicht Dutzende Beamtenstellen sparen könnte, der ist ein fieser Spielverderber.

(link via TransBlawG)

BLOG´N´ROLL (?)

BLOG´N´ROLL (?)

Der Schockwellenreiter grummelt:

„Mit dem Blog’n’Roll geht’s genauso bergab wie mit dem Rock’n’Roll: Erst waren wir ein paar wenige und hatten eine Menge Spaß miteinander, doch mit dem Erfolg kommen die Anzug- und Bedenkenträger und wollen alles kaputtmachen.“

Anlass ist diese Diskussion darüber, wie sorgfältig Blogger fremden content kenntlich machen sollten.

Anzug- und Bedenkenträger umschreibt offensichtlich die Leute, die ihre Blogs vorwiegend mit eigenen Inhalten füllen. Ich zum Beispiel habe überhaupt keine Probleme damit, wenn jemand an anderer Stelle Inhalte vom law blog übernimmt. Ich freue mich sogar. Aber ich finde es nicht zu viel verlangt, dass meine Texte als solche kenntlich bleiben – auch beim Kopieren über mehrere Zwischenstationen.

Klar, dass Leute wie der Herr Schockwellenreiter da lieber den Blog´n´Roll predigen. Er hat ja auch nichts zu befürchten, außer Ärger mit Inhalteanbietern. Wenn man auf seiner täglichen Seite den fremden content rausstreicht, bleiben im Regelfall 3 unverständliche Halbsätze und ein paar Fassadenfotos.

Wenn das rockt, dann lasse ich das rollen gerne sein.

LIEBE AKADEMIKER

Die Unversität Hannover schult junge Anwälte in Rhetorik. Aus der Ankündigung:

Es könne vorkommen, dass Zeugen Unvorhergesehenes aussagen und daraufhin weder Staatsanwalt noch Richter dem Mandanten zu glauben scheinen.

Liebe Akademiker:

Es ist der Regelfall, dass Staatsanwalt und Richter dem Mandanten nicht glauben – selbst wenn die Zeugen aussagen wie erhofft. Wen das als Verteidiger überrascht, der sollte sein Heil lieber im Mietrecht suchen.

Ehrenhaft ist jedoch das Ziel des Seminars:

Nun müsse man in freier Rede ein neues Plädoyer aus dem Stehgreif halten und gehörte Fakten so darstellen, dass der Mandant entlastet wird oder zumindest Zweifel an seiner Schuld aufkommen.

Ich bin begeistert. Eine fördermittelunschädliche Umschreibung für das Klassenziel: professioneller Rechtsverdreher. Willkommen im Club.

(link via Handakte WebLawG).

GLÜCK

GLÜCK

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (12 U 142/02) urteilt:

Beschäftigt ein Selbstständiger Mitarbeiter, sind dies aber nur Hilfskräfte, so hindert die verbleibende Fähigkeit zur Koordination und Anleitung die Annahme voller Arbeitsunfähigkeit dann nicht, wenn der Versicherte krankheitsbedingt keine Leistungen mehr erbringen kann, die den Einsatz der Hilfskräfte wirtschaftlich sinnvoll machen.

Habe das nur zufällig gelesen. Muss es zum Glück nicht verstehen.

NevA

NevA

Orpheus stöhnt:

Mein Unfallgegner hat bei uns eine Rechnung über 4100,- € eingereicht! Dabei hatte der weniger als ich an seinem Auto, liegt es nur daran, dass er Mercedes fährt oder daran, dass er wahrscheinlich den Kfz- Sachverständiger kennt?!

Aber 41oo,- €?! NevA

Da könnte er schon Recht haben. Ein guter Sachverständiger ist was wert. Aber man muss vorsichtig sein. Seit es den Versicherungen schlecht geht, lehnen die immer häufiger Gutachten ab. Als untauglich. Einmal hat eine Versicherung sogar Strafanzeige gegen meinen Mandanten und dessen Gutachter gestellt, wegen Betrugsversuchs. (Anwälte halten die offenbar für technikblind, deshalb haben sie mich verschont.)

Man sollte sich aber von „Gegengutachten“ der Versicherungen nicht zu sehr beeindrucken lassen. Grundsätzlich ist der Geschädigte berechtigt, die Schadenshöhe mit einem Gutachter seiner Wahl zu belegen. Wenn das Gutachten technisch und kalkulatorisch im Rahmen des Vertretbaren liegt, muss die gegnerische Versicherung zahlen.

Mit der eigenen Versicherung über das Gutachten des Gegners diskutieren, bringt meistens nicht viel. Die eigene Versicherung hat Ermessen wie Kaugummi, ob und in welcher Höhe sie den Schaden reguliert. Auch hier gilt: Nur wenn die eigene Versicherung nachweislich völligen Quatsch macht, muss sie die Rabattrückstufung wieder aufheben. Das ist aber sehr schwer nachzuweisen; jedenfalls ist meine Prozessbilanz hier ziemlich mies.

Wenn der geltend gemachte Schaden sowieso jenseits des Betrages liegt, bei dem sich selber zahlen lohnt, würde ich mich gar aufregen. Ist sowieso zu heiß.

HELSINGBORG – HELSINGÖR / Justizdrama in 5 Akten

HELSINGBORG – HELSINGÖR / Justizdrama in 5 Akten

Der Eifer mancher Verkehrspolizisten ist unbeschreiblich. Ein Beispiel :

1. Akt: Der Bußgeldbescheid

Ihnen wird vorgeworfen, am 09.01.03, um 15.05 Uhr in A 1, Gem. Damlos, km 104,0 Rifa Hamburg als Führer der Sattelzugmaschine mit ? Anhänger … folgende Ordnungswidrigkeit(en) nach § 24 StVG begangen zu haben: Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 60 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (abzgl. Toleranz): 82 km /h. … Beweis: Fahrtenschreiberschaublatt … Geldbuße: 50 Euro … Nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides erfolgt Eintragung im Verkehrszentralregister. Die Ordnungswidrigkeit wird mit 1 Punkt(en) bewertet.

2. Akt: Erste Einwände des Betroffenen

An den

Kreis Ostholstein

Bußgeldstelle

Sehr geehrte Damen und Herren

der Tatvorwurf gegen meinen Mandanten ist unbegründet. Meinem Mandanten wird vorgeworfen, die außerorts zugelassene Geschwindigkeit von 60km/h um 22 km/h überschritten zu haben. Beweismittel ist eine Tachoscheibe. Es ist nicht nachvollziehbar, wie sich aus der Tachoscheibe eine zuverlässige Zuordnung zum Ort ergeben soll, so dass hieraus eine konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung ermittelbar wäre.

Ich beantrage deshalb die Einstellung des Verfahrens.

Hier geht es weiter.

UDO UND DER PRINZ

UDO UND DER PRINZ

Das MediumMagazin, ein Fachblatt für Journalisten, berichtet unter dem Titel „Schleichender Verfall“ über die Unsitte, dem zahlenden Leser PR-Material als redaktionelle Information anzudrehen.

Das Blatt zitiert mich („der frühere Journalist und heutige Fachanwalt für Strafrecht“) in Ausgabe 8/2003 locker-flockig:

Veröffentlichungen gegen Entgelt sind nach den Landespressegesetzen als Anzeige zu kennzeichnen. Darunter sind ebenso wirtschaftliche Vorteile zu fassen, die ein Verlag dadurch erhält, dass er einen Text oder ein Bild honorarfrei abdrucken kann. Denn der Deal lautet: Gespartes Honorar gegen Erwähnung.

Deshalb mein Fazit:

Manche Publikation ist eher ein Fall für den Staatsanwalt als für den Lesezirkel. Je mehr der Konkurrenzdruck zunimmt, desto eher werden sich seriöse Anbieter gegen krumme Touren wehren.

Noch einen drauf setzt im gleichen Artikel der Kollege Professor Matthias Prinz:

Verlage müssen sich genau so behandeln lassen wie jeder andere Kaufmann. Wer als Händler auf einen Fusel-Sekt ein Champagner-Etikett klebt, ist wegen Betruges dran. Vergleichbares Verhalten gibt es bei Verlagen, die vorsätzlich ihre Leser über die Inhalte täuschen – sei es mit frei erfundenen Geschichten oder mit versteckter Werbung.

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