KÖRPERVERLETZUNG 2
Willkommen in unserem Strafrechtsseminar. Gestern haben wir gelernt, dass Schuhe, insbesondere Springerstiefel, gefährliche Werkzeuge sein können.
Heute widmen wir uns folgendem Fall:
Ein 26-jähriger Chorsänger muss hinter Gitter, weil er seiner 24 Jahre älteren Geliebten die Nase abgebissen hat. (RP online)
Einfache Körperverletzung, da machen wir ein Plus.
Gefährliche KV?
Das Gebiss müsste ein gefährliches Werkzeug sein. Tröndle/Fischer, die Standardkommentatoren zum Strafgesetzbuch, klären uns auf:
Rechtsprechung und herrschende Meinung nehmen an, dass Körperteile selbst kein „Werkzeug“ (des Körpers) sein können. Das liegt nach dem Wortsinn nahe; im Grenzbereich, der nicht erst in skurrilen Fallbeispielen (künstliches Gebiss; „Piraten“-Haken als Handprothese) beginnt, ist es gleichwohl zweifelhaft…
Eine andere Möglichkeit wäre „mittels eines hinterlistigen Überfalls“. Der ist aber noch nicht einmal bei einem plötzlichen Angriff von hinten gegeben. Von hinten einem anderen die Nase abbeißen, stößt ohnehin an anatomische Grenzen, so dass wir diese Möglichkeit verneinen können.
Bleibt die schwere Körperverletzung. Hier wäre aber Voraussetzung, dass das Opfer in „erheblicher Weise dauernd entstellt“ worden ist. Das hat das Gericht offensichtlich geprüft und zu Gunsten des Angeklagten – vielleicht auch unter dem Eindruck des liebeskranken Opfers – befunden, dass die kreisrunde Narbe gut verheilt.
Fazit: Beissen kann deutlich günstiger sein als treten. Zu den Gründen fragen Sie Ihren Gesetzgeber.
Danke für die Aufmerksamkeit. Die Seminarbescheinigung erhalten Sie am Ausgang.