Prostituierte können jetzt ihren Lohn einklagen. Das erinnert mich an einen Fall vor zwei Jahren:
Mein Mandant ist blind, aber lebenslustig. Zu seinem Geburtstag will er sich einen Traum erfüllen: Sex mit zwei Frauen. Also begibt er sich mit seinem Blindenhund Peterle in die Hand von Fachkräften, und zwar ins größte Bordell der Stadt. Die Damen sind auch nett zu ihm. Allerdings reicht sein Bargeld nicht für den vereinbarten Preis von 2.500 Mark für eine halbe Nacht zu dritt. Mein Mandant händigt deshalb seine diversen EC-Karten aus und verrät die Geheimzahlen.
Eine der Damen macht sich auf den Weg. Am hausinternen Cashpoint kriegt sie schon mal um die 3.000 Mark. Bei der Sparkasse nebenan spuckt der Automat nochmal zwei Tausender aus. Dann geht sie erstmal zurück, muss aber kurz nach Mitternacht nochmal dringend weg. Klar, um 24 Uhr wird an den Geldautomaten das neue Tageslimit freigeschaltet. Insgesamt gehen in den nächsten Tagen 9.500 Mark von den Konten meines Mandanten runter.
Es war überraschenderweise kein Problem, die Klarnamen von „Elvi“ und „Natascha“ zu ermitteln – wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, der wiederum Zugriff auf die ordentliche Buchführung des Etablissements hat.
Auf außergerichtliche Schreiben reagieren die beiden nicht. Zum Gerichtstermin kommen sie aber. Und bestreiten, dass ein Pauschalpreis von 2500,00 Mark vereinbart war. Der Richter ist überraschend sachkundig. Fast zehntausend Mark seien doch ganz schön happig. Und dass die Scheckkarten regelrecht geplündert worden seien, werfe auch kein gutes Bild auf die Damen.
Die räumen schließlich ein, dass einige „Extras“ berechnet worden sind. „Wissen sie eigentlich“, faucht mich Natascha über den Kopf ihres Anwalts – schönen Gruß an den Kollegen aus Köln – an, „was ihr Mandant für ein Perversling ist.“
Gutes Stichwort für den Richter. Der bringt die Sache auf die juristische Schiene. „Es handelt sich um einen Werkvertrag“, erklärt er den Damen. „Geld kriegen sie nur, wenn sie alle Dienste erbracht haben, die vereinbart waren. Und dann dürfen dem Kläger auch keine Mängelrügen zustehen. Könnte ja sein, dass er mit einer Leistung nicht zufrieden war. Könnte ja sein…“
Die Folge: Der Richter möchte von den Damen im Detail hören, was auf dem Programm stand. „Wenn ein Installateur sein Geld haben will, muss er mir ja auch beweisen, dass er seine Rohre richtig verlegt hat.“ Dieser Satz ist ein Zugeständnis an die Vertreter der Lokalpresse, die sich inzwischen eingefunden haben.
Obwohl sie doch von Berufs wegen eigentlich nicht prüde sein sollten, weigern sich die Beklagten, Details zu nennen. Auch ihr Anwalt ist entsetzt. „Soll das hier alles ausgebreitet werden? Unter dem Bild des Bundespräsidenten?“ Der Richter bleibt stur. „Für mich ist das ein Fall wie jeder andere. Vielleicht muss ich später sogar einen Sachverständigen einschalten, der das Preis-Leistungsverhältnis überprüft.“ Die Lokalpress gluckst vor Behagen. Der Gerichtsbericht für morgen ist im Sack.
So kommt Bewegung in die Sache. Mein Mandant erklärt, dass er nicht knauserig sein will. Er würde gerne 500 Mark drauflegen. „Schön war es eigentlich schon“, sagt er, „aber halt viel zu teuer.“ Auch die Beklagten zeigen sich einsichtig. Wir einigen uns auf DM 3.250,00. Der Rest wird innerhalb von zwei Wochen zurück gezahlt.
Elvi hat mich später sogar mal einer Kollegin empfohlen. Aber die hatte nur Probleme mit der Krankenkasse.