Keine Anträge

Es ist natürlich misslich, wenn man einen Mandanten erst dann berät, wenn sein Prozess schon so gut wie gelaufen ist. Die „zweite Meinung“ verpufft dann häufig, weil das Gericht eventuellen neuen Vortrag nicht mehr zur Kenntnis nehmen muss.

Heute war es etwas anders. Die Anwälte hatten einen – widerrufbaren – Vergleich geschlossen. Und das Gericht hat für den Fall, dass der Vergleich widerrufen wird, „Verkündungstermin“ anberaumt.

Für den Mandanten ging es um die Frage: Widerrufen oder nicht? Er jedenfalls war nicht sehr glücklich mit dem Vergleich.

Ein schnelles Urteil wird das Gericht schon aus formalen Gründen nicht sprechen können. Denn laut Sitzungsprotokoll haben die Parteien in der ersten Verhandlung keine Anträge gestellt, sondern nur den Vergleich geschlossen. Ohne Anträge kann das Gericht aber kein Urteil fällen, da es an das gebunden ist, was die Parteien in der mündlichen Verhandlung beantragt haben (§ 308 Zivilprozessordnung).

Das bedeutet zwingend einen neuen Verhandlungstermin. Bis dahin gibt es auch die Möglichkeit, weitere Tatsachen vorzutragen, um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Die „zweite Meinung“ könnte sich also doch noch bezahlt machen. In Anbetracht der Umstände lautete die Empfehlung: widerrufen.