Wer im Straßenverkehr Mist macht, schließt schnell Bekanntschaft mit dem Paragrafen 315c des Strafgesetzbuches. Ermittlungsrichter sind flink dabei und entziehen dem Beschuldigten vorläufig die Fahrerlaubnis. Er darf also ab sofort nicht mehr Auto fahren – obwohl er noch gar nicht verurteilt ist.
Allerdings übersehen diese Richter gerne, welch hohe Hürden das Gesetz aufstellt. Der Beschuldigte muss nicht nur grob verkehrswidrig handeln. Nein, er muss sich gleichzeitig rücksichtslos verhalten haben. Diese Voraussetzung wird oft nicht ausreichend beachtet, ernst genommen und mitunter wohl auch nicht verstanden.
Wie im Fall meines Mandanten. Ihm wird ein riskanter Spurwechsel auf der Autobahn vorgeworfen. Der Crash führte zu hohem Sachschaden; verletzt wurde zum Glück niemand. Für den Ermittlungsrichter kein Problem. Er entzog meinem Auftraggeber vorläufig die Fahrerlaubnis, denn dieser sei ein ganz schlimmer Autofahrer. Zum Merkmal der Rücksichtslosigkeit fielen dem Richter nur Floskeln ein.
Das Landgericht hat die Entscheidung korrigiert:
… so bestehen doch Zweifel an der Rücksichtslosigkeit des Fahrverhaltens des Beschuldigten. … Insoweit steht dem dringenden Tatverdacht derzeit noch entgegen, dass er den Unfallgegner im toten Winkel bei in etwa gleich hoher Geschwindigkeit übersehen haben könnnte. Der Unfall hätte wohl auch vermieden werden können, wenn der Beschuldigte vor dem Wechsel auf die dritte Fahrspur auf der zweiten Fahrspur kurze Zeit verweilt hätte, um sich ausreichend zu orientieren.
Wenn dies nicht geschehen ist, so führt dies aber noch nicht ohne weiteres zur Annahme der Rücksichtslosigkeit. Es erscheint derzeit noch nicht hinreichend klar, ob sich der Beschuldigte aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber hinweggesetzt hat oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gar nicht erst aufkommen gelassen hat.
Mein Mandant darf erst mal wieder fahren. Auch wenn die acht Wochen, in denen er nicht ans Steuer durfte, sicher hart waren – im eventuellen Prozess können sie noch hilfreich werden. Immerhin hat er ja schon mal „gebüßt“.