Was darf es denn sein? Die Auswahl ist beträchtlich. Im Angebot sind etwa Adventskranzständer, Bürodrehstühle, Heckenscheren und Vogelhäuser. Lauter solide Arbeiten sind das. Aber erst der schnuckelige „Wärterbär“, ein Teddy in grüner Uniform, verrät die Herkunft aller 350 Artikel, die jetzt erstmals zentral im Internet angeboten werden.
Knastladen.de öffnet heute seine Pforten und bietet die Arbeiten von Gefangenen aus zunächst 23 nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten zum Kauf an. Wer bislang virtuell hinter Gittern bestellen wollte, musste die Seite www.jva-shop.nrw.de aufrufen und sich dort durch verschiedene Angebote klicken. „Das ist zu umständlich, deshalb haben wir das Konzept völlig überarbeitet“, erklärt Julius Wandelt. Er ist der Chef der JVA in Castrop-Rauxel und leitet das neue Projekt.
Er räumt von Anfang an mit einem gängigen Vorurteil auf. Da sitzen keine Häftlinge, die gezwungen werden, für den Staat zu arbeiten. Im Gegenteil. Eine Arbeit ist für sehr viele Gefangene erstens eine neue Erfahrung. Sie bekommen dadurch, zweitens, Bestätigung. Und drittens, durch den Verkauf der hergestellten Waren auch noch Anerkennung von draußen.
Ein junger Mann, dieses Beispiel hat Wandelt ruckzuck parat, hat früher für den Vater Schnaps geklaut. Dafür hat ihn der Staat bestraft. Jetzt aber wird derselbe Mann für seine handwerklichen Taten gelobt – „er hatte Tränen in den Augen“, schildert Wandelt den positiven Wandel. Seine Botschaft: Eine Justizvollzugsanstallt darf nicht nur eine Anstalt sein, in der Justiz vollzogen, Strafe vollstreckt wird. Sein Zauberwort ist: Beschäftigung! Möglichst mit Erfahrung. Die Werkstätten in den Gefängnissen bieten die Gelegenheiten.
Dort entstehen etwa auf Kundenwunsch maßgeschneiderte Schreibtische, „die sich ruhig ein Rechtsanwalt mal ins Büro stellten sollte“. In Schlossereien werden Edelstahlgrills samt Zangen geschmiedet, in Tischlereien Nistkästen und Kantenhocker gefügt, in Schreinereien Türen und Fenster gezimmert. Einfach so haben Gefangene in der JVA Attendorn einen Traktor aus Holz maßstabsgetreu nachgebaut: „Der könnte ein Werks- oder Farbriktor schmücken“, schwärmt der Projekleiter und hofft, ein Sponsor zahlt die geforderten 9.999,99 Euro.
Apropos Zahlen. Aus dem Grundsortiment von 350 Artikeln sollen im Laufe der Zeit rund 1.000 werden. Früher haben sich von 37 JVA nur 5 am Verkaufsangebot beteiligt, 49 Beamte sind geschult worden, die jeweiligen Angebote in den knastladen.de stellen zu können. Und was die Bezahlung der Gefangenen angeht – „die haben Kost und Logis frei, verdienen täglich bis zu 15 Euro, und bekommen deshalb keinen Anteil vom Verkauf.
Der gesamte Erlös (eine Hochrechnung gibt es nicht) geht also an den Staat und entlastet dessen Etat. Bliebe noch die Frage, ob es Ärger mit den Handwerkern außerhalb der Gefängnisse gibt? „Wir sind doch keine Konkurrenz!“, ruft Julius Wandelt. „Wir orientieren uns nicht am Markt! Die Gefangenen stellen nur her, was sie können!“
Das sieht Wolfgang Schulhoff genauso: „Die Rehabilitation der Gefangenen geht vor“. Und dann adelt der Präsident der Düsseldorfer Handwerkskammer die Knastware sogar: „Sie ist das Ergebnis pädagogischer Leistung.“ (pbd)