Paragrafen-Lotto

Ermittlungsrichter sind überlastet, das ist bekannt. Manchmal haben sie aber noch die Kraft zur Gegenwehr. Da schlägt zum Beispiel ein Polizeibeamter vor,

für die Accounts nudegirls17@provider.com und sexy38@provider.de die Durchsuchung nach §§ 102, 105 StPO, die Sicherstellung der zugestellten, das heißt bereits gelesenen Mails nach §§ 94, 98 StPO sowie die Beschlagnahme der noch nicht geöffneten und damit noch nicht zugestellten Mails und der künftig eingehenden Mails … anzuordnen.

Der Staatsanwalt, sicher ebenfalls überlastet, denkt nicht selbst nach und beantragt beim Richter, dieser möge „einen Beschluss gemäß der polizeilichen Anregung“ erlassen.

Da kann selbst ein gütiger Richter nicht Fünfe gerade sein lassen. Denn die Sicherung von E-Mails auf einem externen Server fällt gerade nicht unter die vom Polizisten rausgekramten Vorschriften. §§ 102, 105 StPO regeln die Durchsuchung beim Verdächtigen, nicht aber die Sicherung von E-Mails, die auf einem fremden Server gespeichert sind.

Mit dieser Begründung wies der Richter den Antrag als „unzulässig“ zurück. Aua.

Wenig später kam es dann doch noch zu einem Zugriff auf die E-Mail-Accounts. Der Staatsanwalt hat den Antrag umformuliert und auch die richtigen Paragrafen genannt (100a, 100b StPO).