Oh, eine Virenwarnung. Die Warnung bezog sich angeblich auf den Firmen-PC mit der Nr. 12. Das war für die Firma Anlass genug, sich mal die Festplatte des Mitarbeiters Meier vorzuknöpfen. Natürlich in dessen Abwesenheit. Fündig wurde sie im Ordner „Dokumente Meier“. Besonders interessant erschienen all jene Word-Dateien des Abteilungsleiters in dem privaten Ordner, die mit einem Passwort geschützt waren. Dass der Virenscanner wegen eines dieser Dokumente angeschlagen hat, behauptet der Arbeitgeber nicht.
Aber trotzdem war alles eilig. So sehr, dass der System-Administrator sich lieber aus dem Internet einen Passwortknacker für Word saugte, statt mal den Mitarbeiter anzusprechen. Mit dem Tool öffnete er heimlich alle Dokumente, las sie und legte sie dem Chef vor. Der freute sich. Denn Mitarbeiter Meier hatte sich kritische Notizen zum Arbeitsalltag gemacht, einige To-do-Listen verfasst und eine Bewerbungsstrategie entworfen. Daneben fanden sich auch tagebuchartige Notizen, die nicht nur freundliche Anmerkungen über Vorgesetzte und Kollegen enthielten.
Ein willkommener Grund für die fristlose Kündigung. Jedenfalls bis zum heutigen Termin vor dem Arbeitsgericht. Ich sagte nämlich einleitend etwas zu den Hackerparagrafen 202c, 202a des Strafgesetzbuches und begründete kurz, warum sich der Systemadministrator strafbar gemacht hat. Und dass man sich als Arbeitnehmer in so einer Situation durchaus überlegen könnte, ob ein Strafantrag Sinn macht. Zumal die Vorschriften ja erst seit dem 15. August gelten und der Sachverhalt für engagierte Staatsanwälte sicher interessant ist.
Nicht unbedingt ein Thema, mit dem die Arbeitgeberseite gerechnet hatte. Zumal ausgerechnet der Prokurist, der die Firma im Gerichtstermin vertrat, wohl selbst die EDV unter sich hat.
Von da waren es nur noch wenige Minuten bis zu einem vernünftigen Vergleich…