Entbehrt jeglicher Grundlage

Auf welch gedankliche Abwege eifrige Staatsanwälte auch in alltäglichen Strafsachen geraten, zeigt ein Beschluss des Amtsgerichts Ratingen. Wer inhaltlich nicht ganz folgen kann, darf sich zumindest am lupenreinen Juristendeutsch freuen.

Beschluss

Der Antrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 22.02.2007, einen Strafbefehl gegen den Angeschuldigten A. wegen falscher Verdächtigung nach § 164 Abs. 2 StGB zu erlassen in Höhe von 50 Tagessätzen zu je € 50,00, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse einschließlich der Auslagen des Angeschuldigten.

Gründe:

Der nunmehrige Angeschuldigte A. stellte Strafanzeige wegen eines Verkehrsdeliktes gegen den Führer eines Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen LEV- .. … .Nach Feststellungen der Ermittlungsbehörde war dies der zunächst Beschuldigte B. Das Verfahren B. wurde jedoch nach Anhörung einer Zeugin eingestellt.

Daraufhin wurde offensichtlich wegen eines Verkehrsdeliktes ein Verfahren gegen den Anzeigenerstatter A. eingeleitet, was jedoch ebenfalls nach § 170 StPO eingestellt wurde. Gleichzeitig wurde jedoch durch Antrag vom 22.02.2007 ein Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen falscher Verdächtigung nach § 164 Abs. 2 StGB gegen den nunmehrigen Angeschuldigten und ursprünglichen Anzeigenerstatter gestellt.

Nach Auffassung des Gerichts liegt unter keinen Umständen ein hinreichender Tatverdacht bezüglich einer falschen Verdächtigung gegen den Angeschuldigten A. vor. Dem ganzen zugrunde liegt ein Verkehrsvorfall, der von zwei Seiten, d.h. vom ursprünglichen Anzeigenerstatter und jetzigen Zeugen, unterschiedlich gesehen und beurteilt wurden. Die Verkehrsdelikte wurden daher von der Staatsanwaltschaft nach §170 StPO mangels Tatverdacht eingestellt.

Der nunmehrige Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen falscher Verdächtigung entbehrt nach Auffassung des Gerichts jeglicher Grundlage.

Es sind überhaupt keine Anhaltspunkte dafür da, dass der ursprüngliche Anzeigenerstatter bewusst falsche Angaben gemacht hat, um ein behördliches Verfahren gegen eine Person einzuleiten. Wenn – zutreffender Weise – die gegenseitigen Verkehrsvorwürfe mangels Tatverdacht eingestellt wurden, so kann konsequenter Weise nicht gegen einen der Beteiligten ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung eingeleitet werden. Wenn die Staatsanwaltschaft der Meinung gewesen wäre, die Angaben des zunächst Beschuldigten wären richtig und die Angaben des ursprünglichen Anzeigenerstatters wären falsch, so hätte es durchaus der Verfolgung bezüglich des ursprünglichen Anzeigenerstatters in Bezug auf das Verkehrsdelikt bedurft. Da man aber die Voraussetzungen eines Verkehrsdeliktes abgelehnt hat, kann nicht über den Umweg einer falschen Verdächtigung ein Strafverfahren eingeleitet werden. Dies entbehrt jeglicher Grundlage, erst Recht keines hinreichenden Tatverdachtes.

Die Kostenentscheidung erging in entsprechender Anwendung von § 473 StPO.

Amtsgericht Ratingen, Beschluss vom 27. April 2007, 22 Cs 100 Js 683/07 (107/07)