Das Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts gilt als eine der bedeutendsten Entscheidungen in der Nachkriegsgeschichte. Es ging um einen Boykottaufruf.
Das wichtigste Ergebnis der Entscheidung ist eigentlich, dass es keines gibt: Die Wechselwirkung der widerstreitenden Interessen muss im Einzelfall geprüft werden. Immer. Und sorgfältig. Erst eine umfassende Abwägung kann ergeben, ob ein Boykottaufruf noch von der Meinungsfreiheit getragen ist.
Die Erfahrung lehrt, dass Zivilgerichte im Alltag mehr mit knallhartem Wettbewerbsrecht, dem Begriff der guten Sitten und kaufmännischen Grundsätzen zu tun haben. Weniger mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.
So kann es also passieren, dass man sang- und klanglos verurteilt wird, obwohl der eigene Anwalt 25 Seiten lang die Lüth-Entscheidung referiert und auf die Meinungsfreiheit pocht. Erst nach langen Jahren, nach etlichen Instanzen, erhält man dann vom Bundesverfassungsgericht bescheinigt, dass der sauber und witzig formulierte Boykottaufruf sich (gerade) noch in den Grenzen des Zulässigen hielt.
Aber natürlich nur, wenn die Karlsruher Richter nicht, wie so oft, ohne nähere Begründung sagen: Der Fall interessiert uns nicht, den nehmen wir nicht zur Entscheidung an.
Ich würde bis dahin auch gern zwanzig-, vielleicht auch dreißigtausend Euro Gerichts- und Anwaltskosten riskieren.
Dummerweise fällt mir derzeit keine Firma ein, zu deren Boykott ich aufrufen könnte.
Nachtrag: Gut, nicht jeder liest andere Blogs. Der Hintergrund zum Beitrag steht bei rainersacht.
Und die Quintessenz des Beitrags im Klartext:
“Ich kaufe nicht mehr bei Media Markt.” Oder “Meine Freundin Katja und ich gehen jedenfalls nicht mehr in den Media Markt.” Kein Problem.
“Kauft nicht mehr bei Media Markt.” Einladung für “Natürlich bin ich ein Arschloch” Steinhöfel.