Dass bei uns was mit der Meinungsfreiheit im Argen liegt, zeigt sich nicht nur an den Klagen vermeintlich beleidigter Politiker. Ein eindrucksvolles Beispiel ist auch der Fall einer Deutsch-Polin. Diese war mit der Leistung ihres Anwalts in einem Zivilprozess nicht zufrieden und kritisierte diesen in einem Brief. Sehr schnell fand sie sich dafür auf der Anklagebank.
Was hatte die Frau ihrem Anwalt geschrieben? „Ich habe das Gefühl, dass sie bauen mir absichtlich die Schaden“, „Weil Sie mich mit Ihrem Gelderschleichen versuchen zu betrügen“ und „jetzt werden wir ihre Betrug klären, ihre Inkompetenz“. Für diese Äußerungen sollte die Frau eine Vorstrafe kassieren (50 Tagessätze zu 30 Euro). Erst das Bundesverfassungsgericht gebot dem jetzt Einhalt.
Die Karlsruher Richter verweisen darauf, dass schon mangels „schwerwiegender Schimpfwörter“ keine – immer strafbare – Schmähung oder eine sogenannte Formalbeleidigung gegeben sei. Auch sei gar nicht geprüft worden, ob die Äußerungen einen sachlichen Zusammenhang mit der Mandatsführung des Anwalts hatten, im Kern also Kritik in der Sache darstellen können. Ebenso wenig hätten die Gerichte geprüft, ob die Äußerungen öffentlichkeitswirksam erfolgten. Auch blieb völlig unberücksichtigt, dass die Betroffene offensichtlich keine fundierten Deutschkenntnisse hat.
Am witzigsten fanden die Richter sicherlich das Argument des Amtsgerichts, die Frau habe sich strafbar gemacht, weil sie den Anwalt auch auf nicht beleidigende Weise hätte kritisieren können. Diese pauschale Aussage sei nicht mehr als ein Zirkelschluss, heißt es trocken. Die Sache muss jetzt neu verhandelt werden (1 BVR 1182/24).