Hürden für Politikerbeleidigung

Der extra zum besonderen Schutz von Politikern geschaffene Paragraf 188 des Strafgesetzbuchs erweist sich immer mehr als Spielwiese für die Ermittlungsbehörden. Kein Wunder, die vermeintlich beleidigte oder verleumdete Person des politischen Lebens muss noch nicht einmal einen Strafantrag stellen. Somit können auch Äußerungen verfolgt werden, auf deren Verfolgung der mutmaßlich geschädigte Politiker gar keinen Wert legt.

Wolfgang Schäuble zum Beispiel hat, soweit bekannt, bei Beleidigungen nie Strafantrag gestellt. Das würde heute keine Rolle mehr spielen, denn bei Politikern bedarf es eben keines Strafantrags mehr. Allerdings gehen längst nicht alle Fälle nach dem Sonderparagrafen so durch, wie man es sich vielleicht erhofft hat. Das Oberlandesgericht Celle hat sich jetzt mit dem oft übersehenen Tatbestandsmerkmal in der Strafvorschrift beschäftigt, wonach die Tat geeignet sein muss, das öffentliche Wirken des Politikers erheblich zu erschweren.

Ausgangspunkt war ein Bild des Bundesgesundheitsministers auf Telegram, das diesen bei einer Covid-19-Impfung zeigt, versehen mit der Textzeile „Dr. J.M., 1943, nachkoloriert.“ Die Vorinstanz hatte eine „Aggressivierung“ durch den Beitrag behauptet, aber noch nicht einmal dargelegt, wieso ausgerechnet Beitrag auf einem Telegram-Kanal dem Minister seine Arbeit konkret erschweren könnte, geschweige denn erheblich. Das zusätzliche Erfordernis muss also von den Gerichten ernst genommen werden. Sonst droht die Urteilsaufhebung, wie in diesem Fall (Aktenzeichen 1 ORs 19/24).