Straftäter darf nach Hause, obwohl ihm Sicherungsverwahrung droht

Die Frankfurter Gerichte haben einen pädophilen Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen – obwohl dem Mann Sicherungsverwahrung droht. Die Schuld gibt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Kollegen am Bundesgerichtshof, dem höchsten deutschen Strafgericht. Der dortige Strafsenat habe die Revisionen des Mannes verschleppt, werfen die Richter ihren Kollegen vor. Und zwar so, dass nur noch die Freilassung des Mannes bleibe.

Tatsächlich ist der Mann wegen vielfachen Kindesmissbrauchs schon rechtskräftig verurteilt, zuletzt lautete das Strafmaß acht Jahre und neun Monate. Über seine Schuldfähigkeit wird aber nach wie vor gestritten, der Bundesgerichtshof hob die Urteile im Strafmaß schon zwei Mal auf. Der Betroffene sitzt seit 2018 hinter Gittern, hat also schon fast sieben Jahre seiner möglichen Strafe abgesessen – obwohl sein Strafmaß noch nicht festgelegt ist. Wegen der Zweifel an der Schuldfähigkeit des Mannes rechnet das Oberlandesgericht Frankfurt nur noch mit einer Strafe von maximal acht Jahren, so dass nach Anrechnung der Untersuchungshaft derzeit noch zwischen 10 und 20 Monate Gefängnis im Raum stehen.

Ausdrücklich stellt das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass vor allem beim Bundesgerichtshof getrödelt wurde. Obwohl dort die erforderlichen Stellungnahmen bereits im Juli 2022 vorgelegen hätten, habe sich der Strafsenat bis Ende Oktober 2023 mit der Entscheidung Zeit gelassen. Schriftlich habe das Urteil erst Mitte Januar 2024 vorgelegen. Das sei unzumatbar lang, zumal der Bundeserichtshof auch schon bei der ersten Revision sehr lange gebraucht habe.

Brisant wird der Fall aber durch den Umstand, dass für den Angeklagten auch Sicherungsverwahrung angeordnet wurde. Ob die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung heute noch vorliegen, sollen gesonderte Gutachten ergeben. Diese sind bislang aber nur in Auftrag gegeben. Es kann also durchaus sein, dass der Verurteilte weiter gefährlich ist und in Sicherungsverwahrung muss. Aber dennoch lassen ihn die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt ihn heute frei – in Kenntnis der möglichen Gefahren. Das ist zwar ein schöner Erfolg für die Strafverteidigung, aber nüchtern betrachtet trotzdem ein Punkt, der eher nicht auf Begeisterung stoßen dürfte (Aktenzeichen 1 Ws 159/24).