Digitaler Strafantrag: Mehr Problem als Lösung

Ohne Strafantrag keine Strafverfolgung – dies gilt bei vielen kleineren Delikten. Etwa bei Beleidigung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung. Bisher war es zwingend erforderlich, dass der Strafantrag schriftlich gestellt wird. Das heißt auf Papier, mit eigenhändiger Unterschrift. Dies hat sich mit einer angeblichen Vereinfachung des Gesetzes am 17. Juli 2024 geändert. Allerdings hat sich der Gesetzgeber in typisch deutscher Manier mal wieder für eine Regelung entschieden, die mehr Problem als Lösung ist.

Am naheliegendsten wäre es gewesen, die elektronische Form für einen Strafantrag zu erlauben. Also insbesondere einen Strafantrag per Mail. Allerdings hat es dazu dann doch nicht gereicht. Vielmehr steht jetzt im Gesetz (§ 158 Abs.2 StPO):

Bei Straftaten, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, müssen die Identität und der Verfolgungswille der antragstellenden Person sichergestellt sein.

Konkret bedeutet das: Auf die Form des Antrags kommt es nicht mehr an, eine Unterschrift ist nicht mehr zwingend. Aber es muss andererseits klar sein, dass der Antrag tatsächlich vom Absender stammt. Bei einer Mail ist diese Klarheit aber eben nicht ohne weiteres sichergestellt. Jetzt wird schon diskutiert, ob man darauf abstellen kann, dass der Antragsteller vielleicht schon vorher Mailkontakt mit der Polizei hatte. Oder ob es Telefonate gab, in denen die Mail angekündigt wurde.

Das alles klingt nach mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit. Denn aus dem Hinweis im Gesetz, Identität und Verfolgungswille müssten „sichergestellt“ sein, lässt sich auf jeden Fall eine Aufklärungspflicht der Polizei ableiten. Es müsste im Zweifelsfall also ermittelt und verifiziert werden, ob eine Mail ein wirksamer Strafantrag ist. Abgesehen vom völlig unnötigen Aufwand wird das Ganze auf jeden Fall kompliziert und droht spätestens dann zu scheitern, wenn die Strafantragsfrist abläuft. Diese Frist ist nach wie vor knappe drei Monate lang.

Das Antragserfordernis ist übrigens von Amts wegen zu beachten. Das heißt es bedarf nicht unbedingt eines findigen Strafverteidigers, der die Wirksamkeit des Strafantrags hinterfragt. Vielmehr muss jeder pflichtbewusste Staatsanwalt prüfen, ob der Antrag tatsächlich vom Verletzten stammt. Diese Prüfung erfolgt aber in aller Regel erst nach Ablauf der Strafantragsfrist. Was gilt, wenn die Polizei nicht nachgeforscht hat, weil sie keine Zweifel an der Wirksamkeit des Strafantrags hatte – der Staatsanwalt es aber anders sieht?

Interessant finde ich weiter, dass man nach dem Wortlaut des Gesetzes jetzt sogar völlig unbefangen hinterfragen kann, ob und wie die Identität und der Verfolgungswille des Antragstellers bei einem schriftlichen Strafantrag „sichergestellt“ ist. Das war bislang völlig unbestritten. Wird sicher interessant, wie das dann belegt werden soll.

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