Verfassungsgericht verhandelt über 30-Euro-Knöllchen

Mit einem einfachen Parkverstoß einen Fall fürs Bundesverfassungsgericht zu schaffen, das muss man erst mal schaffen. Einer Richterin oder einem Richter am Amtsgericht Siegen kommt aber nun die Ehre zuteil, Tagesgespräch in der Kantine zu werden.

Es ging um ein Auto, welches das Ordnungsamt aufgeschrieben hat. Laut Parkscheibe durfte der Wagen bis 14.30 Uhr stehen, war aber um halb sechs am Abend immer noch da. Das sollte 30 Euro kosten. Der Bußgeldbescheid wurde an den Halter des Wagens adressiert, dieser zog dagegen vor Gericht. In der Verhandlung schwieg der Halter. Das Gericht verurteilte ihn kurzerhand wegen der Parksünde zu einer Geldbuße von 30 Euro.

Falsch, sagt das Bundesverfassungsgericht. Denn die Haltereigenschaft ist kein Beleg dafür, dass der Halter seinen Wagen auch selbst gefahren hat. Wer Halter ist, habe für diese Frage keinerlei Aussagekraft, so die Richter. Wenn vom Halter auf den Fahrer geschlossen werden solle, müsse es zumindest weitere Anhaltspunkte geben. Diese Beweise oder Indizien darf ein Richter auch ermitteln, aber das war hier nicht passiert. Jetzt kann sich ein anderer Richter am Amtsgericht Siegen freuen. Er darf die Sache neu verhandeln.

Nicht ganz unbeteiligt am Verfahren war übrigens das Ordnungsamt. Die Behörde hätte das Problem auch sehen können. Sie hätte besser zur sogenannten Halterhaftung gegriffen. Danach muss bei Verstößen im ruhenden Verkehr der Halter eine Art Strafgebühr in Höhe von 20 Euro bezahlen, wenn der Fahrer vor Verjährung nicht ermittelt werden kann (Aktenzeichen 2 BvR 1457/23).