Sekundenklebertransportverbot

Nachdem in Bayern Klimaaktivisten schon präventiv eingesperrt wurden, setzt die Stadt München auf Gefahrenabwehr der besonderen Art. Gegen bislang sieben bekannte Klimakleber ist ein „Sekundenklebertransportverbot“ erlassen worden. Den Betroffenen werden erhebliche Bußgelder – angeblich bis zu 1.000 Euro – angedroht, wenn sie im Stadtgebiet Sekundenkleber dabei haben.

Die Betonung liegt auf dabei haben, denn die Ordnungsverfügung greift nicht erst, wenn mutmaßliche Klimakleber sich auf die Straße kleben. Es genügt, wenn sie mit Sekundenkleber angetroffen werden. Auch wenn es erst mal abenteuerlich klingt, das Ganze ist kein Scherz.

„Zur Verhütung von Straftaten und Gefahren hat das Kreisverwaltungsreferat […] Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot für Klebstoffe, beschränkt auf das Stadtgebiet München, erlassen“, zitiert die Abendzeitung aus einer Stellungnahme der Polizei. Die Maßnahme sei „ein Ausgleich zwischen den Interessen der Betroffenen und den Interessen der Stadtgesellschaft“.

Natürlich steht im bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetz (noch) nichts zu Sekundenkleber in Herren- und Damentaschen oder im Handschuhfach eines Autos. Aber es gibt ja die ordnungsbehördliche Generalklausel. Nach Art. 7 des LStVG dürfen Sicherheitsbehörden „für den Einzelfall“ Anordnungen treffen, „um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, … zu verhüten oder zu unterbinden“.

Der Prüfungsmaßstab für solche Maßnahmen ist stets gleich. Die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Nach meiner Meinung fehlt es schon an der Eignung. Denn bekanntermaßen besteht die „Letzte Generation“ nicht nur aus sieben Personen. Wer aber dem Sekundenklebertransport nicht unterliegt, darf den Stoff derzeit noch legal zum Ort der Blockade mitnehmen. Dann kann sich der vom Transportverbot betroffene Klimakleber in Ruhe festkleben. Oder besser noch: festkleben lassen. Wenn diese Aufgabe ein anderer Aktivist erledigt oder vielleicht sogar der REWE Lieferservice, hat der Betroffene den Kleber ja nicht mit sich geführt, sondern nur verwendet. Wegen der Verwendung bei einer Straßenblockade kann man ihn aber nicht noch mit einem Bußgeld belegen, weil das Festkleben Teil der Nötigung ist – für die gilt dann das vorrangige Strafrecht.

Die Maßnahme ist also schon nicht geeignet, um Straßenblockaden zu verhindern. Dementsprechend haben die von den Betroffenen mittlerweile angekündigten Klagen beste Erfolgsaussichten.