Hauptsache, Verbrechen. Dies war das Motto der früheren Justizministerin Christiane Lambrecht. Mit der Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis wollte sie weg vom Vorwurf des zu laxen Umgangs mit dem Besitz und der Verbreitung von Kinderpornografie. Nun zeigt sich, dass die Gesetzesverschärfung zum Jahresanfang 2022 zu riesigen Problem führt und den Rechtsstaat beschädigt.
Mittlerweile haben Amtsrichter den neuen § 184b StGB vor das Bundesverfassungsgericht gebracht. Die Landesjustizminister forderten im November, die Neuregelung rückgängig zu machen. Nun nehmen sich laut Medienberichten Politiker der Regierungskoalition den Bedenken an und wollen eine Änderung prüfen. Ob und inwieweit der Bundesjustizminister mit im Boot ist, scheint momentan allerdings noch unklar.
Hauptkritikpunkt ist, dass schon der Besitz eines einzigen strafbaren Bildes zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr führt. Genannt werden etwa Beispiele, in denen Eltern auf dem Handy ihres Kindes fragwürdige Inhalte finden und diese zur Warnung an andere Eltern weiterleiten. Auch Spaßbilder und -videos, die in häufig riesigen Chatgruppen geteilt, aber nicht unbedingt vom einzelnen zur Kenntnis genommen werden, sind ein Problem. Aufgefallen ist irgendwann auch, dass die Berufsgruppe der Beamten besonders betroffen ist. Bei der nun zwingenden Mindeststrafe müsste ein Beamter entlassen werden, überdies verlöre er seine Pensionsansprüche.
Es fehlt bei der Neuregelung also erkennbar an der Möglichkeit, minder schwere Fälle als solche zu behandeln. Der minder schwere Fall ist sonst im Gesetz regelmäßig eingebaut, um Härten abzufedern. „Staatsanwälte brauchen die Möglichkeit, bei Bagatellfällen von der Strafverfolgung absehen zu können“, sagt etwa der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner. Nach seiner Meinung binden solche Fälle zu viel Personal bei Polizei und Justiz. Diese Kräfte fehlten bei der Verfolgung des in der Realität stattfindenden Missbrauchs.