Wie die Zeit vergeht. Im Januar 2020 musste mein Mandant eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen. Die Polizei nahm seinen Desktop-Rechner, ein Tablet, externe Festplatten und Speicherkarten mit. Wie in solchen Fällen üblich, fragten die Polizisten vor Ort nach den Passwörtern für die Hardware. Allerdings kannte mein Mandant seine Rechte. Er sagte überhaupt nichts zur Sache. Zugangsdaten gab er schon gar nicht raus. Auch verweigerte er jede Auskunft darüber, ob und wie seine Datenträger verschlüsselt sind.
Wir erhielten Akteneinsicht und stellten fest, dass es für den Tatvorwurf keine tragfähigen Beweise gibt. Bislang. Es kam also im Zweifel darauf an, was sich auf den beschlagnahmten Datenträgern befand. Die allerdings hatte mein Mandant verschlüsselt. Er meinte zwar, dass er an sich nichts zu verbergen hat, weil er die fragliche Straftat nicht begangen hat. Andererseits hatte er aber keinerlei Lust, dass sich die Polizei durch das digitale Abbild seine Lebens wühlt.
Nach drei Jahren liegt nun das Ergebnis der Ermittlungen vor. Im Februar 2023 schaute sich ein Auswerter bei der Kriminalpolizei erstmals die Datenträger an. Bis dahin hatten sie wohl in einem der vielen Kartons geschlummert, die auf vielen Polizeidienststellen rumstehen. Der Beamte stellte fest: Die Datenträger sind ja verschlüsselt. Er rief darauf hin den Staatsanwalt an, der folgendes zu Papier brachte:
Eine erste Auswertung hat nach Angaben von Kriminalkommissar J. ergeben, dass alle Datenträger verschlüsselt sind. Im Hinblick auf den Zeitablauf und den nicht sonderlich schweren Vorwurf ist eine kosten- und zeitaufwendige Entschlüsselung – sofern überhaupt möglich – nicht verhältnismäßig. Das Verfahren wird nach nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Was am Anfang noch für eine Hausdurchsuchung reichte, ist nach so langer Zeit halt nur noch lästiger Ballast, der das sonstige Tagesgeschäft zum Stocken bringt. Die Zeit ist mitunter der beste Verbündete eines Beschuldigten. Ihr glaubt gar nicht, mit welcher Engelsgeduld ich das mittlerweile meinen Mandanten erkläre.