Klimaaktivisten bleiben nicht straffrei, wenn sie zum Beispiel Sachbeschädigung begehen. Reine „Symboltaten“, die auf einen Klimanotstand hinweisen und zu sofortigem Handeln motivieren wollen, sind nicht durch einen Notstand gerechtfertigt. Mit dieser Begründung bestätigt das Oberlandesgericht Celle die Verurteilung eines Klimaaktivisten.
Der Aktivist hatte im Sommer 2021 die Fassade des Zentralgebäudes der Universität Lüneburg mit Wandfarbe verunstaltet. Er erhielt dafür eine Verwarnung mit Strafvorbehalt, also eine Geldstrafe „auf Bewährung“. Das Oberlandesgericht weist darauf hin, dass solche Aktionen keinerlei Einfluss auf den Klimawandel haben. Im übrigen sei nicht erkennbar, wieso die Aktivisten ihre Anliegen nicht auf legale Weise verfolgen können.
Niemand sei berechtigt, in die Rechte anderer einzugreifen, um auf diese Weise die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen und eigenen Auffassungen Geltung zu verschaffen. Wer auf den politischen Meinungsbildungsprozess einwirken möchte, könne dies in Wahrnehmung seiner Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, seines Petitionsrechts und seines Rechts auf Bildung politischer Parteien tun, nicht aber durch die Begehung von Straftaten.
Würde die Rechtsordnung einen Rechtfertigungsgrund akzeptieren, der allein auf der Überzeugung des Handelnden von der Überlegenheit seiner eigenen Ansicht beruhte, liefe dies auf eine grundsätzliche Legalisierung von Straftaten zur Erreichung politischer Ziele hinaus. Die Verurteilung ist damit rechtskräftig.
Der rheinland-pfälzischen Verfassungsrichter Michael Hassemer ist dagegen der Meinung, die aktuellen Klimaproteste könnten durch einen Notstand gerechtfertigt sein. Hassemer sagte dem SWR, das derzeitige Unterlassen von Klimaschutzmaßnahmen sei so gravierend, dass ein Notstand für ihn „ohne weiteres“ in Frage komme. „Wir leben in einem Land der Falschparker und Rettungsgassenverweigerer“, erklärte Hassemer. „Wenn man sich auf die Straße klebt, geht ja erst mal nichts kaputt.“