Wenn ein Strafurteil über eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechtskräftig geworden ist, folgt die Ladung zum Strafantritt. Dafür sind die Staatsanwaltschaften zuständig. Neulich traf es einen meiner Mandanten. Binnen einer Woche solle er sich in der Justizvollzugsanstalt einfinden, hieß es in dem Schreiben einer norddeutschen Staatsanwaltschaft.
In dem Brief war die Justizvollzugsanstalt Büren benannt. Örtlich schon mal gar nicht so falsch, denn mein Mandant wohnt in Nordrhein-Westfalen, und der heimatnahe Vollzug soll ja die Regel sein. Allerdings stellt sich die Frage, in welchen Vollzugsplänen die zuständige Staatsanwältin recherchiert hat.
Die Justizvollzugsanstalt Büren gibt es schon lange nicht mehr. Sie wurde 2015 (!) geschlossen. Jetzt wird das Areal für Abschiebungsfälle genutzt. Nun ja, dem Mandanten brachte der kleine Schnitzer ein paar zusätzliche Tage, in denen er seine persönlichen Sachen regeln konnte. Irgendwann fiel natürlich auf, dass er sich nicht gestellt hat. Dabei wird dann wohl jemand bemerkt haben, dass es in Büren keinen Strafvollzug mehr gibt – und mein Mandant mutmaßlich vergeblich an die Pforte geklopft hat (in dubio pro reo).
Negative Folgen hatte die Sache für den Mandanten nicht, eine Entschuldigung oder Erklärung erhielt er auch nicht. Die neue Ladung sah einfach genau so aus wie die alte. Nur war mit Hagen die nunmehr richtige Justizvollzugsanstalt benannt.
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