Es mag nicht verwundern, aber jetzt haben wir es laut einem Beitrag in der Legal Tribune Online schwarz auf weiß: Ausweitungen des Strafmaßes (in 99 % der Fälle: Schärfungen) werden regelmäßig nicht auf ihre präventive Wirkung überprüft. Dies geht aus einer Antwort aus dem Bundesjustizministerium auf eine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag hervor.
Die Praxis ist vor dem Hintergrund, dass Strafschärfungen häufig unter anderem damit begründet werden, dass dadurch potenzielle Täter abgeschreckt werden sollen, äußerst bedenklich. Wenn aber die präventive Wirksamkeit von Strafschärfungen alles andere als erwiesen ist, dann sind vornehmlich damit begründete Gesetzesänderungen schlicht und ergreifend illegitim.
In der Antwort des Ministeriums heißt es:
Es ist im Übrigen die Aufgabe des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, unabhängig von einer Evaluierung fortwährend zu prüfen, ob die bestehenden strafrechtlichen Instrumentarien ausreichen, und gegebenenfalls nachzusteuern.
Dass es vielleicht auch mal darum gehen könnte, bestehende strafrechtliche Verbote zu entschärfen oder das Strafmaß herabzusetzen, wird offenbar überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Es geht allein darum, „ob die bestehenden strafrechtlichen Instrumentarien ausreichen“ oder noch weiter gefasst werden müssen. Auch dies zeigt einen bedenklichen Automatismus, der anscheinend nur in Richtung Strafschärfung geht.
Autor: RA Dr. André Bohn