VORZEITIG

Arbeitsverträge enthalten mitunter überraschende Klauseln:

Der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer können mit dem Ende des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 62. Lebensjahr vollendet oder später, mit einer Erklärungsfrist von 6 Monaten das Vertragsverhältnis vorzeitig beenden. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer vorzeitig Ruhegehalt…

Unter Bezug auf diese Bedingung „trennt“ sich die Firma derzeit von etlichen langjährigen Führungskräften. Ich habe meinem Auftraggeber geraten, dagegen zu klagen. Immerhin verstösst eine Beendigungsmöglichkeit, die einseitig im Belieben des Arbeitgebers steht, gegen den bei uns geltenden Kündigungsschutz. Es kämen ja auch andere Auflösungsgründe in Betracht, wenn man so etwas für zulässig ansehen will: Schwangerschaft, Schwerbehinderung, die Vollendung des 50. Lebensjahres, der Wechsel der Haarfarbe…

Die gleiche Auffassung vertrat auch der Abeitsrichter. Darauf hin war die Firma plötzlich bereit, tief in die Tasche zu greifen und eine ordentliche Abfindung zu zahlen.

Der Anwalt der Gegenseite erzählt dann auch freimütig, dass er in erster Linie ein Urteil verhindern soll, das die Klausel für unwirksam erklärt. Immerhin gibt es in dem Unternehmen noch etliche gutbezahlte ältere Arbeitnehmer, von denen man sich mit Hilfe dieser Bestimmung dringend trennen will. Wie man hört, ist die Erfolgsquote gar nicht schlecht.