Manch potenzielle Mandanten wissen einem zu schmeicheln. So schreibt jemand, der in der Justizvollzugsanstalt einsitzt und etwas mehr möchte als er von seinem Pflichtverteidiger bekommt, an mich Folgendes:
Sehr geehrter Herr Vetter,
man gab mir Ihre Kontaktdaten als einen der besten Anwälte in Strafsachen. … Ich benötige dringend Ihre Unterstützung…
Ich rufe also den Staatsanwalt an und fragte nach einer Besuchserlaubnis für ein sogenanntes Mandatsanbahnungsgespräch. Der Staatsanwalt ist zwar nicht unfreundlich, klingt aber ein wenig genervt. Warum, das erzählte er mir ungefragt:
Ich habe bei 37 aufgehört zu zählen. Und das sind nur die Besuchserlaubnisse für Ihren Mandanten in den letzten zwei Wochen.
Es handelt sich also eher um die Einladung zu, nun ja, einer Art Casting-Show. Die Veranstaltung solch eines Bewerbungsmarathons ist zwar aus Sicht eines Beschuldigten durchaus legitim. Nur würde ich eher davon abraten. Fakt ist nämlich: Ausreichend beschäftigte – und damit mußmaßlich gute – Anwälte könnten bei so einer wenig erquicklichen Perspektive den Aufwand doch eher scheuen, der mit einer Anreise zur Justizvollzugsanstalt verbunden ist. Mit der Folge, dass man als Beschuldigter dann doch nur jene Anwälte kriegt, von denen man eigentlich wegkommen will.
Ob ich fahre, behalte ich selbstverständlich für mich.