Wenn nichts mehr hilft und keine Rechtsmittel mehr zur Verfügung stehen, kann es sich in manchen Fällen empfehlen, einen Gnadenantrag zu stellen. Hiermit sollen in Ausnahmefällen (dementsprechend gering sind die Erfolgsaussichten) rechtskräftige Gerichtsentscheidungen auf Grund besonderer Härte, Irrtümern bei der Urteilsfindung oder nachträglich entstandene Unbilligkeiten ausgeglichen werden.
Für unseren Mandanten haben wir solch einen Gnadenantrag eingereicht und ausführlich begründet. Das Problem lag stark abgekürzt darin, dass dem Mandanten ein wichtiges Schriftstück nicht rechtzeitig zuging, da er auf Grund einer komplizierten Operation im Krankenhaus war. Als es ihn dann erreichte, wehrte er sich natürlich dagegen, laut Staatsanwaltschaft und Gericht allerdings etwas zu spät. Den Nachweis über die rechtzeitige Versendung seines Rechtsmittels hatte der Mandant inzwischen leider verlegt. Das alles resultierte dann in einem rechtskräftigen Urteil.
Die Umstände waren wirklich unglücklich, und es spricht auch vieles dafür, dass der Mandant Recht bekommen hätte, wäre die Frist nicht versemmelt worden. Die Antwort auf den Gnadenantrag fiel allerdings eher kurz aus. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Warum, bleibt allerdings eine Art Staatsgeheimnis. Ich zitiere aus dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft:
Anliegend wird die Gnadenentscheidung mit dem Hinweis übersandt, dass die Gründe von Gnadenentscheidungen nach ständiger, höchstrichterlich gebilligter Praxis nicht mitgeteilt werden.
Der Fall spielt in Bayern, da legt man die dortige Gnadenordnung wohl so aus. In Nordrhein-Westfalen bekommt man zum Beispiel immerhin noch ein paar warme Worte mit auf den Weg, warum es denn nicht für eine positive Entscheidung reicht.
Wie intensiv sich der Gnadenbeauftragte in Bayern mit dem Fall tatsächlich auseinandergesetzt hat, wird der Mandant nach heutigem Stand also nie erfahren. Ob die Geheimniskrämerei das Vertrauen in den Rechtsstaat fördert, wird man sich aber fragen dürfen.
RAin Jennifer Leopold