Die deutschen Gerichte stehen seit jeher im Ruf, bei Schmerzensgeldern eher sparsam zu sein. Das scheint sich aber teilweise zu ändern. Das Landgericht Gießen hält in einem aktuellen Urteil zum Beispiel ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro für angemessen – wenn auch in einem wirklich schrecklichen Fall.
Bei der Operation eines 17-Jährigen waren die Schläuche des Beatmungsgeräts nicht richtig angeschlossen. Der Patient war 25 Minuten nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Er erlitt unter anderem einen schweren Hirnschaden und wird, wie es das Gericht formuliert, nie wieder „zu einem selbstbestimmten Leben“ in der Lage sein.
Die Klinik hatte freiwillig 500.000 Euro gezahlt, der Kläger verlangte eine Million Euro. Seine Entscheidung für ein bemerkenswert hohes Schmerzensgeld begründet das Gericht auch mit dem jungen Alter des Betroffenen. Außerdem würdigt es erschwerend, dass Ursache für die Schäden eine fehlerhafte Bedienung des Beatmungsgeräts gewesen sei. Dabei handele es sich – anders als bei vielen anderen Behandlungsfehlern – um ein voll beherrschbares Risiko (Aktenzeichen 5 O 376/18).