Zu den unerfreulicheren Situationen im Leben gehört es sicher, wenn dich die Polizei mit einem Tatvorwurf konfrontiert, du vor einer eventuellen Aussage deinen Anwalt anrufen möchtest, dieser aber nicht erreichbar ist. In so einem Fall darf die Polizei nicht einfach mit der Vernehmung weitermachen. Das stellt der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Beschluss klar.
Einem Beschuldigten darf es zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens verwehrt werden, mit (s)einem Anwalt Kontakt aufzunehmen. Seriöse Polizeibeamte wissen das und verhalten sich entsprechend. Hier war es so, dass ein Beamter gleich versuchte, den Anwalt des Beschuldigten anzurufen. Das klappte jedoch nicht, weil der Anwalt nicht erreichbar war. Offenbar durfte der Beschuldigte dann auch noch seinen Vater kontaktieren, damit dieser sich weiter um eine Rückmeldung des Anwalts bemüht.
Der Beschuldigte sagte in dieser Situation lediglich, er sei es nicht gewesen und wisse auch gar nichts von der Sache. Daraufhin konfrontierten ihn die Beamten mit dem bisherigen Ermittlungsergebnis, was dann in einer „ausführlichen Vernehmung“ mündete.
In dieser Situation durften die Polizisten nicht zur Tagesordnung übergehen, moniert der Bundesgerichtshof. Vielmehr hätten sie den Beschuldigten noch einmal extra darüber aufklären müssen, dass der fehlgeschlagene Kontaktversuch mit seinem Anwalt nichts daran ändert, dass er auch weiterhin gar nichts sagen muss, wenn er sich erst mit einem Anwalt beraten möchte. Hierzu der Bundesgerichtshof:
Zweck der wiederholten Belehrung ist letztlich, dem Beschuldigten vor Augen zu führen, dass er sein Recht auf Verteidigerkonsultation nicht durch den fehlgeschlagenen Kontaktversuch verwirkt hat.
Ich wage mal die Behauptung, dass diese Belehrung in solchen Fällen fast immer unterbleibt. Dabei kann man aus dieser Konstellation einiges an Honig saugen. Denn das ist einer der wenigen Fälle, in denen tatsächlich ein glasklares Beweisverwertungsverbot vorliegt und eventuelle Angaben des Beschuldigten also nicht in den Prozess einfließen können.
Im entschiedenen Fall war das Gericht allerdings der Meinung, dass die Angaben des Beschuldigten bei der Polizei keine Rolle für das Urteil spielten. Deswegen war die Revision im Ergebnis erfolglos (Aktenzeichen 5 StR 167/19).