In einem Strafverfahren war es heute nötig, den Strafregisterauszug einer dritten Person vor Gericht zu verlesen. Also nicht den des Angeklagten. Die Liste der Verurteilungen war beeindruckend lang. Erzählen will ich aber nur von einem Eintrag, dem chronologisch letzten.
Der Vorsitzende der Strafkammer nannte diesen Eintrag „meinen Favoriten“. Mit gutem Grund. Denn laut Register war der Betreffende mit Urteil vom 28. November 2018 vom Amtsgericht – mittlerweile rechtskräftig – wegen einer kleinen Straftat verurteilt worden.
Klingt eher erstaunlich, wenn man weiß, dass der im November 2018 Verurteilte zu diesem Zeitpunkt schon knapp zwei Monate tot war. Woran kein Zweifel besteht, denn sonst würde es den Prozess, in dem das Strafregister nun verlesen wurde, nicht geben.
Klingt erst mal schräg, ist es bei näherer Betrachtung aber gar nicht. Zum Hauptverhandlungstermin am 28. November 2018 ist der Verstorbene natürlich nicht erschienen. Statt säumige Angeklagte gleich zur Fahndung auszuschreiben, nutzen viele Richter die Möglichkeit, während der Hauptverhandlung einen Strafbefehl zu erlassen. Was natürlich auch hier möglich war, denn der Strafrichter dürfte kaum gewusst haben, warum der Angeklagte nun nicht gekommen ist. Dieser Strafbefehl, den der arglose Richter dann erlässt, wird wirksam, wenn der Betroffene keinen Einspruch einlegt. Womit hier ja nun wirklich nicht zu rechnen war.
Strenggenommen wurde allerdings ein Toter verurteilt, so was gibt es also in echt. Die Angehörigen könnten das Urteil sogar noch nachträglich anfechten, aber das ist dann schon wieder eine andere Geschichte.