Für Schlagzeilen sorgt derzeit die Klage einer Mutter auf Facebook, die sich von der Drogeriekette dm unverschämt behandelt fühlt.
Die Mutter stellte nach eigenen Angaben zu Hause fest, dass ihre vierjährige Tochter im Laden eine Sonnenbrille „geklaut“ hatte (zu den Anführungszeichen später mehr). Die Frau ging zurück zu dm, gab die Sonnenbrille zurück und entschuldigte sich. Die zuständige Frau in der Filiale soll sich mit einer Strafanzeige und einer Vertragsstrafe von 50,00 € bedankt haben.
Vorausgesetzt die Geschichte stimmt, hat die Frau natürlich guten Grund zur Klage. Besonders stilsicher ist das Verhalten des Drogeriemarktes sicher nicht. Was die juristische Seite angeht, besteht aber nun überhaupt kein Grund zur Panik. Und zwar weder für die Mutter noch für das Kind.
Den „Diebstahl“ kann dm zwar zur Anzeige bringen. Das Unternehmen könnte es sich aber auch sparen, denn das Verfahren wird ohnehin eingestellt. Das liegt ganz einfach daran, dass die vierjährige Tochter nicht strafmündig ist. Kinder unter 14 Jahren können nicht bestraft werden, egal wie groß ihr Fehlverhalten ist (§ 19 StGB). Selbst ein Mord kann strafrechtlich nicht gesühnt werden, wenn der Täter noch nicht 14 Jahre alt ist.
Die Mutter selbst hat nichts zu befürchten. Sie hat von den Plänen ihres Kindes nichts gewusst, so dass ihr in jeder Richtung der erforderliche Vorsatz fehlt. Eine eventuelle Verletzung der Aufsichtspflicht ist irrelevant. „Eltern haften für ihre Kinder“ – dieser beliebte Spruch hat im Strafrecht keinerlei Relevanz.
Bleibt die „Vertragsstrafe“ von 50,00 €, auch wenn diese zumindest nach dem Wortlaut des Facebook-Posts die kleinere Sorge der Mutter ist. Die Kundin hätte das Geld besser nicht gezahlt, denn dm hat hierauf ihr gegenüber keinen Anspruch. Ein eigenes Fehlverhalten der Mutter liegt ja schon mal gar nicht vor. Auch der schon erwähnte Satz „Eltern haften für ihre Kinder“ hilft nicht weiter. Denn grundsätzlich haften auch Eltern nur für eigenes Verschulden, das kann hier eigentlich nur eine Verletzung der Aufsichtspflicht sein. Wenn die Tochter aber bislang noch nie was geklaut hat, hatte die Mutter aber keinerlei Grund, ihre Tochter vor dem Verlassen des Ladens zu fragen, ob sie was eingesteckt hat. Oder sie gar einer Leibesvisitation zu unterziehen.
Also keine Ansprüche gegen die Mutter. Das Kind selbst ist nicht mal eingeschränkt geschäftsfähig. Erst ab sieben Jahren ist ein Kind „beschränkt geschäftsfähig“ (§ 104 BGB). Das bedeutet, dm kann mangels Geschäftsfähigkeit des Mädchens gar keine Ansprüche durchsetzen. Auch eine unerlaubte Handlung im zivilrechtlichen Sinne liegt nicht vor. Denn auch hier gilt die Altersgrenze von sieben Jahren (§ 828 BGB). Überdies ist dm ja auch kein Schaden entstanden – die Brille hat das Unternehmen ja zurückerhalten.
Vielleicht liegt das Versäumnis von dm ja gerade in der Verkennung der Rechtslage. Geschultes Personal sollte so etwas wissen, was dm natürlich auch das nunmehrige PR-Desaster erspart hätte.