Dass die Betreiber von TOR-Servern ab und zu mal Problem mit der Justiz bekommen, ist bekannt. Es kommt halt immer wieder vor, dass Nutzer den TOR-Service für kriminelle Aktivitäten missbrauchen. Der Anfangsverdacht richtet sich dann halt oft gegen denjenigen TOR-Aktivisten am Ende der „Zwiebelschicht“, dessen IP-Adresse ermittelt werden kann.
Normalerweise gelingt es recht problemlos, einer Staatsanwältin oder einem Staatsanwalt die Thematik zu vermitteln. Der Kollateralschaden, ausgelöst durch die Hausdurchsuchung, bleibt natürlich. Aber am Ende wird das Verfahren dann eingestellt – mangels Tatverdachts.
Anders nun bei einer Staatsanwaltschaft hier in Nordrhein-Westfalen. Da hat es sich die Staatsanwältin echt nicht nehmen lassen, meinen Mandanten anzuklagen. Er soll sich wegen Beihilfe zur Verbreitung von Kinderpornografie übers Internet strafbar gemacht haben, weil er es zugelassen habe, dass die fraglichen Daten (auch) über seinen Server transportiert wurden.
Das Gericht muss jetzt über die Zulassung der Anklage entscheiden. Ich habe so Stellung genommen:
Der Angeklagte hat einen TOR-Server betrieben. Ein TOR-Server ist in Deutschland legal. Für den Angeklagten als Internet Service Provider (ISP) gilt das Telemediengesetz. Aus den §§ 7 – 10 TMG ergibt sich, dass den ISP keine Haftung für die durchgeleiteten Daten trifft.
Wäre dies anders, würden sich die Verantwortlichen von Vodafone, der Telekom, Unitymedia, aber auch tausende kleinere Internetanbieter Tag für Tag strafbar machen. …
Überdies ist es dem dem Angeklagten durch das Telekommunikationsgeheimnis (§ 88 TKG) sogar untersagt zu überprüfen, welche Daten Nutzer des TOR-Dienstes bei ihm durchleiten. Wie jeder andere Internetanbieter muss es der Beklagte also aufgrund der klaren gesetzlichen Vorgabe in Kauf nehmen, dass seine Dienste mitunter auch für rechtswidrige Handlungen genutzt werden.
Ein ISP ist auch nicht zur Abschaltung seines legalen Angebotes verpflichtet, sofern sich im nachhinein Ansatzpunkte für vereinzelten Missbrauch seines Angebots zu illegalen Zwecken ergeben.
Schon wegen der eindeutigen Gesetzeslage ist die Anklage unschlüssig.
Zudem würde es auch an einem Beihilfevorsatz fehlen. Der Beihilfevorsatz muss bekanntlich ein doppelter sein: hinsichtlich der fremden Tat und dem Willen, diese Tat zu unterstützen.
Hier fehlt es schon daran, dass dem Angeklagten die konkrete Tat überhaupt nicht bekannt war. Sie ist ihm ja erst durch die Ermittlungen der Polizei bekannt geworden.
Ein eigener Beihilfevorsatz erschließt sich noch weniger.
Ich beantrage deshalb, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen.
Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.