Behördenschreiben sind ja gerne mal kompliziert formuliert. Mitunter so kompliziert, dass sogar ihre Verfasser sie nicht verstehen…
Wie im Fall der Mandantin, die von der Polizei zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung vorgeladen wurde. Es ging um eine ED-Behandlung, also Fotos, Fingerabdrücke etc., „für die Zwecke des Erkennungsdienstes“ nach § 81b StPO.
In dem Schreiben setzte der zuständige Polizeibeamte meiner Mandantin eine Frist, innerhalb der sie freiwillig auf der Woche erscheinen könne. Diese Frist betrug „zwei Wochen ab Bestandskraft dieses Bescheids“. Nach Ablauf der Frist werde meine Mandantin „polizeilich vorgeführt, notfalls mit einfacher körperlicher Gewalt“.
Nun ja, was soll ich sagen. Es waren genau zwei Wochen und zwei Tage seit dem Tag vergangen, als der Brief bei meiner Mandantin ankam. Und jetzt stand der Beamte vor der Tür und wollte meine Mandantin mitnehmen. So wie er sich am Telefon anhörte, hatte er auch jede Menge Spaß dabei. Wobei ich ihm immerhin zu Gute halte, dass er an Ort und Stelle bereit war, erst mal mit mir über die Sache zu sprechen.
Wie sich herausstellte, konnte er mit der Formulierung „zwei Wochen ab Bestandskraft dieses Bescheids“ nur insoweit was anfangen, als er das mit den zwei Wochen verstand. Die seien ja nun mal rum, meinte er. Das mit der Bestandskraft sei ein Textbaustein, das stehe nun mal so drin, spiele aber keine Rolle.
Das sah ich anders. Eine Anordnung zur ED-Behandlung für „Zwecke des Erkennungsdienstes“ (also zur Verbrechensvorbeugung) ist ein ganz normaler Verwaltungsakt. Sofern der Beamte nicht ausdrücklich den Sofortvollzug anordnet, kann er nicht unmittelbar aus dem Bescheid vorgehen. Vielmehr hat man als Bürger einen Monat Zeit, Klage zu erheben (stand so auch in der Rechtsbehelfsbelehrung, gleichfalls ein Textbaustein). Tut man dies innerhalb der Monatsfrist nicht, wird der Bescheid bestandskräftig. Aber auch nur dann.
So ganz glaubte mir der Polizist nicht, was ich ihm erzählte. Aber immerhin rang er sich durch, mal mit einem Juristen im Polizeipräsidium zu sprechen. Das Telefonat dauerte vielleicht zwei Minuten, dann verabschiedete sich der Polizist recht höflich. Ich hatte ein wenig das Gefühl, er war heilfroh, bis dahin die Handschellen am Hosenbund gelassen zu haben.
Er braucht auch gar nicht so schnell wieder zu kommen. Wir haben mittlerweile fristgerecht Klage erhoben. Bis über diese entschieden ist, wird der Bescheid ebenfalls nicht bestandskräftig.
Hoffentlich ist das zumindest klar.