Ist eine Strafrichterin noch ausreichend bei der Sache, wenn sie mangels Betreuungsmöglichkeit ihr 9-jähriges Kind mit ins Gericht bringt, das dann während der Verhandlung im Beratungszimmer spielt – während die Richterin die Tür zum Beratungszimmer offen stehen lässt? Diese Frage musste das Amtsgericht Bielefeld beantworten.
Ich hätte an sich keine Zweifel, dass eine Richterin oder ein Richter in dieser Situation zu stark abgelenkt ist. Immerhin hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2015 in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass eine Richterin nicht während der Sitzung private SMS schreiben darf.
Das Amtsgericht Bielefeld sieht das entspannter. Es sei ja kein „Betreuungsbedarf“ eingetreten. Was wohl heißt, dass das Kind während der Sitzung brav war. Das sei nicht mit der simsenden Richterin zu vergleichen, die ja aktiv mit Dritten kommuniziert habe.
Das geht allerdings etwas an dem vorbei, was der Bundesgerichtshof tatsächlich entschieden hat. Denn den Richtern reichte es schon aus, das die simsende Richterin überhaupt grundsätzlich bereit gewesen ist, während der Sitzung auf ihr Handy zu schauen, private SMS zu lesen und zu schreiben. Dass sie es dann auch tatsächlich gemacht hat, kam lediglich noch hinzu.
Nach diesen Grundsätzen war auch die Richterin mit dem Kind im Beratungszimmer befangen. Es ist ja schon etwas fernliegend, dass in so einer Situation tatsächlich die uneingeschränkte Aufmerksamkeit noch der Verhandlung gehört. Im übrigen kann der Angeklagte ja auch nicht wissen, dass die Richterin womöglich so eine extrem konzentrierte Juristin ist. Es genügt ja schon der Eindruck der Voreingenommenheit, unabhängig davon, ob diese tatsächlich vorgelegen hat (Aktenzeichen 39 Ds-6 Js 42/17-824/17).