Was erlauben Anwalt? Auf jeden Fall zu viel, wenn es nach dem Präsidenten eines ostdeutschen Landgerichts ging. Dieser Präsident stellte Strafantrag gegen einen Rechtsanwalt. Der Anwalt hatte sich erdreistet, eine Verhandlung vor dem Amtsgericht als „Musikantenstadl“ zu kritisieren.
Man darf schon erstaunt sein über den Strafantrag als solchen. Noch erstaunlicher ist es allerdings, dass der Rechtsanwalt wegen dieser Äußerung tatsächlich wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts nahm das Landgericht noch nicht einmal zur Entscheidung an, weil diese „offensichtlich unbegründet“ sei.
Etwas länger darüber nachdenken, hätte wahrscheinlich geholfen. Letztlich müssen sich die Vorinstanzen nun nämlich vom Bundesverfassungsgericht sagen lassen, dass selbst scharfe Kritik zum Kernbereich dessen gehört, was vor Gericht gesagt werden darf. Und zwar schon deswegen, weil es möglich sein muss, „Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können“.
So einfach ist das. Ob sich an der Ehrpusseligkeit mancher Gerichte etwas ändert, ist eine andere Frage. Zum einen wehren sich nur die wenigsten Betroffenen bis zum Bundesverfassungsgericht. Und selbst dort werden ja nur die wenigsten Fälle zur Entscheidung überhaupt angenommen. Der Betroffene kann also von Glück reden, viele andere, denen es ähnlich geht, schauen ohne Hilfe aus Karlsruhe in die Röhre (Aktenzeichen 1 BvR 180/17; RA Detlef Burhoff zum gleichen Thema).