Aus einem Haftbefehl, den letzte Woche ein Amtsrichter erlassen hat:
Gegen den Beschuldigten
Horst S. alias: Horst G.
wird die Untersuchungshaft angeordnet.
Der Beschuldigte ist folgenden Sachverhalts dringend verdächtig:
Der Beschuldigte bestellte im Zeitraum vom 17.05.2016 bis 13.01.2017 beim Versandhandel A. …
Für die Untersuchungshaft fordert das Gesetz (§ 112 StPO), dass der Beschuldigte einer „Tat“ dringend verdächtig ist und ein Haftgrund vorliegt.
Hier ist der Beschuldigte interessanterweise eines „Sachverhalts“ verdächtig. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Ein Sachverhalt ist keine Tat, höchstens kann man sich aus der Schilderung eines Sachverhalts eine Tat erschließen.
Mich würde das ja gar nicht ärgern, wenn der betreffende Richter diese Wendung nicht offensichtlich als Textbaustein verwenden würde. Er spart sich damit Arbeit, weil er nicht konkret werden muss. Damit steigt natürlich die Gefahr, dass sich aus dem im Text später geschilderten Sachverhalt gar keine konkrete „Tat“ ergibt. Was natürlich schon etwas eher auffallen würde, wenn man auch bei der Begründung des „Tat“verdachts die „Tat“ auch konkret benennt. Und eben nicht einen Sachverhaltsverdacht, den das Gesetz nicht kennt.
Ich sage das alles leider nicht ohne Grund, denn auch ansonsten strotzt der Haftbefehl von Textbausteinen. Die Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit stehen zum Beispiel bis auf den letzten Buchstaben in einer Formularsammlung für Staatsanwälte. Da bleibt am Ende unweigerlich das beklemmende Gefühl, der Richter nickt nur lustlos ab, was man ihm zur Entscheidung hinlegt.
Genau dafür sind Richter aber doch etwas überbezahlt.