Heute werden in fast jedem Ermittlungsverfahren Computer, Festplatten und sonstige Datenträger beschlagnahmt. Das ist oftmals eine gute Gelegenheit für die Ermittler, um gegenüber dem Beschuldigten die Kostenkeule zu schwingen. Wenn er nicht kooperiert, werden seine Computer halt ausgewertet. Und zwar gerne von einem „Sachverständigen“. Was am Ende sehr, sehr teuer werden kann. Denn die Kosten eines Sachverständigen muss der Beschuldigte zahlen, wenn er verurteilt wird. Nicht zahlen muss er die Ermittlungskosten der Polizei, welche die Computer ja auch auswerten könnte.
Rund 10.000 Euro berechnete zum Beispiel ein Sachverständiger, der im Rahmen eines Verfahrens wegen Kinderpornografie angeblich viele Stunden lang die Speichermedien des Beschuldigten durchforstete. Sein Auftrag erstreckte sich im wesentlichen darauf, möglicherweise strafbares Material oder sonstiges Beweismaterial (zum Beispiel Chatverläufe, E-Mails) auszusortieren und die fraglichen Funde in einer Excel-Tabelle zu notieren.
Ist das schon die Tätigkeit eines Sachverständigen? Oder nicht doch eher nur eine technische Dienstleistung? Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat sich des Falles angenommen. Und es trifft eine erfreuliche Entscheidung. Nach Auffassung der Richter kann man nur von einem Sachverständigengutachten im Sinne des Gesetzes ausgehen, wenn der Untersuchende die Ermittlungsbehörden durch besonderes Fachwissen unterstützt. Das sei jedenfalls nicht so, wenn mit einer handelsüblichen Software Datenmaterial bloß gesichtet und „vorsortiert“ werden. Wesentlich mehr hatte der hier tätige Sachverständige aber nicht geleistet.
Der entschiedene Fall ist zwar unappetitlich. Allerdings haben die Erwägungen des Gerichts nichts mit der Materie Kinderpornografie zu tun. Vielmehr lassen sie sich auf alle Fälle übertragen, in denen Angeklagte nach einer Verurteilung für umfangreiche IT-Auswertungen zur Kasse gebeten werden sollen, obwohl die Polizei dies ebenso hätte erledigen können (Aktenzeichen 2 Ws 441/16 (165/16)).