Im Gericht habe ich mal wieder aus erster Hand erlebt, wie vorsichtig man mit Zeugenaussagen umgehen muss. Auch denen von Polizisten.
In dem Verfahren waren drei junge Leute angeklagt, spätabends auf dem Weg nach Hause den Außenspiegel eines Autos abgetreten zu haben. Das war auch interessant und führte letztlich zu einem Freispruch. Aber hier soll es darum gehen, wie sich einer der Angeklagten angeblich nach der Festnahme verhielt.
Aussage des Polizisten:
Der Geschädigte hat die Angeklagten über mehrere hundert Meter zu Fuß verfolgt und uns telefonisch informiert. Wir fuhren mit mehreren Streifenwagen hin. Alle Beteiligten wurden an der B.straße angetroffen. Einer der Angeklagten war total aggressiv und schimpfte rum. Der Autobesitzer war durch das Verhalten des einen Angeklagten extrem eingeschüchtert und konnte kaum was sagen.
Auftritt des Autobesitzers. Ein stattlicher Herr mit Sonnenbankbräune. Seine Aussage:
Wenn ich gesehen hätte, wer von den dreien jetzt genau den Spiegel abgetreten hat, hätte ich die Polizei nicht gerufen. Dann hätte ich das selbst geklärt, das können Sie mir glauben. Es ist richtig, dass der eine Angeklagte mit der Polizei diskutierte und auch ein paar blöde Sprüche machte. Ob mich das eingeschüchtert hat? Mich? Ich bin schon mit ganz anderen Leuten fertiggeworden.
Das Problem war nur, es war nach Mitternacht im Winter, und wir standen mit der Polizei mindestens 30 Minuten im Freien. Ich hatte nur ein Hemd an und habe extrem gefroren und gebibbert. Die Sprüche von dem Angeklagten waren mir so was von egal, das prallte völlig an mir ab. Mir war einfach nur schweinekalt…
Tja, wie war es denn nun? Im besten Fall hat der Polizeibeamte die naheliegende Erklärung gar nicht bedacht. Und aus so was wird dann nachträglich ein eingeschüchtertes und verängstigtes Opfer…