Videochats in sozialen Netzwerken bergen ja auch immer die Gefahr, dass Nutzer mehr zeigen, als andere sehen wollen. Wie aber ist jemand gegebenenfalls zu bestrafen, der zum Beispiel in einem nicht einschlägigen Chat für andere sichtbar masturbiert? Juristisch gar keine einfache Frage, wie aktuell ein Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe zeigt.
Während in einem Videochat andere nur plaudern wollten, befriedigte sich der Angeklagte selbst. Damit handelte er sich eine Anzeige ein. Das Landgericht sah darin eine „Zugänglichmachung pornografischer Darstellungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste“ (§ 184d StGB) und verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen.
Das klingt zunächst plausibel, ist aber wohl mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren, so das Oberlandesgericht Karlsruhe. Die Vorschrift gelte nur für Programmverantwortliche von Sendern und sonstigen Medien. Der Angeklagte selbst habe aber keine Einflussmöglichkeiten auf Dauer und Modalitäten seiner „Internet-Ausstrahlung“ gehabt, also einen Zugriff auf die technische Infrastruktur. Vielmehr hätten die Betreiber des Chats und die Moderatoren die „Sendehoheit“.
Eher in Frage kommt für das Oberlandesgericht eine Strafbarkeit wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183a StGB) durch öffentliche sexuelle Handlungen. Die nach dem Gesetz nötige „Öffentlichkeit“ lag wohl vor, weil die Teilnehmer des Chats keine geschlossene Gruppe bildeten. Beim Vorsatz ist dann die Hauptfrage, ob der Angeklagte tatsächlich ein „Ärgernis“ verursachen wollte. Ob dies der Fall war, soll das Landgericht neu prüfen (Aktenzeichen 1 (3) Ss 163/15 – AK 51/15).