Weil er angeblich während der Arbeit ein Online-Spiel auf seinem Handy gespielt haben soll, ist der Fahrdienstleiter von Bad Aibling jetzt in Untersuchungshaft genommen worden. Bei dem Zugunglück kamen elf Menschen ums Leben.
Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein wirft allerdings Fragen auf. Im günstigsten Fall macht bei der Behörde jemand die Pressearbeit, der sein Handwerk nicht versteht und der deshalb der Öffentlichkeit wesentliche Informationen vorenthält. Oder es läuft juristisch gründlich was schief im Zugunglücks-Fall.
Schauen wir uns also die Pressemitteilung an. Darin steht im Kern, es habe sich herausgestellt, dass der Fahrdienstleister unmittelbar vor dem Unglück auf seinem Handy ein Online-Spiel gemacht hat. Hierdurch sei er mutmaßlich abgelenkt gewesen. Was, das ist völlig richtig, den Vorwurf der Pflichtverletzung verschärft und damit den Grad seiner möglichen Schuld erhöht.
Das alles betrifft aber nur eine der Voraussetzungen, die für einen Haftbefehl nötig sind. Nämlich den Tatverdacht. Dieser muss „dringend“ sein, wenn die Untersuchungshaft angeordnet werden soll.
Aber damit ist es eben nicht getan. Die Strafprozessordnung fordert zusätzlich auch einen Haftgrund. Der weitaus wichtigste Haftgrund ist die Flucht des Bechuldigten oder zumindest die Gefahr, dass er flüchtet. Daneben gibt es noch die Verdunkelungsgefahr und die Wiederholungsgefahr.
Zu dem zweiten Baustein eines Haftbefehls, dem Haftgrund, steht aber kein Wort in der Pressemitteilung. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich der Fahrdienstleiter ins Ausland absetzen will (Fluchtgefahr)? Eine höhere Straferwartung, über die in der Presse spekuliert wird, führt übrigens nicht automatisch zum Haftgrund der Fluchtgefahr. Vielmehr muss im Einzelfall immer sehr genau abgewogen werden, so der Bundesgerichtshof. Insbesondere gibt es keine Regel, dass Fluchtgefahr immer dann vorliegt, wenn keine bewährungsfähige Strafe mehr zu erwarten ist.
Oder hat der Mann womöglich versucht, Zeugen zu beeinflussen (Verdunkelungsgefahr)? Dann sollte die Staatsanwaltschaft halt etwas dazu sagen, denn ansonsten bleibt völlig unklar, was denn jetzt der zweite notwendige Baustein des Haftbefehls sein soll. Und wenn sie aus irgendwelchen Gründen nichts zu dem Haftgrund sagen will, dann sollte die Staatsanwaltschaft eben sagen, dass der Haftgrund bejaht wird, aber keine Einzelheiten bekanntgegeben werden.
Eine andere Möglichkeit ist, dass man es mit dem Haftgrund in diesem Fall mal nicht so genau genommen hat. Etwa um energisches Durchgreifen zu dokumentieren. Das wäre dann allerdings noch viel kritischer als eine verbesserungswürdige Pressearbeit.