Die sächsische Polizei hat unter anderem mit Heidenau grandios vorgelegt, was das allgemeine Kopfschütteln angeht. Da möchte die Justiz natürlich nicht hintanstehen. So prescht jetzt die Chemnitzer Staatsanwaltschaft mit freundlicher Unterstützung des örtlichen Amtsgerichts couragiert vor, um sich nach Kräften lächerlich zu machen.
Es geht um handelsübliches Vogelfutter, das die Chemnitzer Piratenpartei an einem Infostand zum Thema Drogenpolitik verteilt hat. Nach einer Hausdurchsuchung kamen jetzt die Strafbefehle. Wegen „unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln“ sollen der damalige Ortsvorsitzende und andere Parteimitglieder Geldstrafen zahlen. Und künftig vorbestraft durchs Leben gehen.
Dass es sich bei dem Vogelfutter um Hanfsamen gehandelt hat, streiten die Organisatoren nicht ab. Warum auch, die Samen dürfen grundsätzlich legal verkauft werden. Im Chemnitzer Fall waren sie recht eindeutig als „Angelhanf Taubenfutter Hanfsamen Hanfsaat“ deklariert. Die Piraten wiesen auch noch ausdrücklich darauf hin, dass der Samen in Muttererde nichts verloren hat, weil das Heranzüchten von Cannabispflanzen strafbar wäre.
Das bedeutet aber nicht, dass juristische Probleme ausgeschlossen sind. Derzeit ist der Handel bzw. das Weitergeben von Cannabissamen verboten, „wenn der Samen nach den Umständen zum unerlaubten Anbau bestimmt ist“. So fasst der Standardkommentar Körner/Patzak/Volkmer zum Betäubungsmittelgesetz die juristische Lage zusammen. Es kommt also darauf an, ob das tatsächliche Ziel der Beteiligten am Ende eine berauschende Ernte ist. In der Tat gibt es immer wieder – oft auch im Ausland ansässige – Growshops, die in ihrer Werbung zwar oben Vogelfutter schreiben, unten dann aber in ganz andere Richtungen abschweifen („gemacht für Raucher, die ihre Grenzen testen wollen“, „Herr des Bangs“). Das sind dann tatsächlich liebe Einladungen an die Polizei.
So ein Anliegen dürfte den Piraten aber mit ihrer politischen (!) Aktion erkennbar nicht nachzuweisen sein. Zumal sie zumindest nach eigenen Angaben überhaupt nicht wussten, ob mit dem selbst nur gekauften Samen überhaupt Pflanzen sprießen würden, die überhaupt Wirkstoff in relevanter Menge liefern. Es gibt ja auch etliche Sorten von Industriehanf.
Das alles hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz wohl auch gesehen. Sie bot den Beschuldigten zunächst an, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Nachdem die Betroffenen nachvollziehbar ablehnten, hätte es auch die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung gegeben. Stattdessen zieht man es vor, die Beschuldigten vor Gericht zu zerren.
Es wird interessant, wie weit es die Sachsen diesmal treiben wollen.