Dass führende AfD-Leute Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge als Option überhaupt andenken, sorgt für große Aufregung. Hier mal ein paar Anmerkungen zu den rechtlichen Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch.
Für die Bundespolizei, welche ja vorrangig die Grenzen absichert, gilt das „Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG)“. Man kann es sich hier anschauen. Das Gesetz enthält auch recht klare Klauseln zur Frage, ob im Grenzdienst Waffen gegen Minderjährige eingesetzt werden können (§ 12 Abs. 3) und wie die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist (§ 4), nämlich immer.
Aber zum Kernthema dieses Beitrags:
§ 11 gestattet es Grenzpolizisten über die normalen Polizeibefugnisse des § 10 (z.B. Verbrechensverhinderung, Ergreifen Flüchtiger), Schußwaffen gegen Personen zu „gebrauchen, die sich der wiederholten Weisung, zu halten oder die Überprüfung ihrer Person oder der etwa mitgeführten Beförderungsmittel und Gegenstände zu dulden, durch die Flucht zu entziehen versuchen.“
Wenn man diesen Paragrafen mal genau liest, passt er jedenfalls nicht exakt auf das momentan wohl die Gemüter erhitzende Szenario, dass die Grenzpolizei Menschen bzw. Menschenmassen mit Schüssen an der Einreise in die Bundesrepublik zu hindern versucht. Flüchtlinge, die an der Grenze trotz gegenteiliger Aufforderung durch die Polizei die Bundesrepublik betreten, werden sich kaum der Überprüfung ihrer Person oder ihrer Habe entziehen wollen. Sie wollen ja im Zweifel nur das Land betreten, sich dann aber nicht den behördlichen Kontrollen entziehen. In der Regel werden sie auch nicht „flüchten“, warum auch, sie wollen ja eigentlich bleiben, und das in aller Regel möglichst legal.
Bleibt also nur die Frage, ob Flüchtlinge mit der vom Gesetz erwähnten Weigerung, auf Weisung der Polizei zu „halten“, den Schusswaffengebrauch auslösen können. Ob damit wirklich die Außensicherung der Grenzen in dem Sinne gemeint ist, dass Grenzpolizisten Schüsse androhen dürfen, wenn Menschen nicht auf der anderen Seite der Grenze bleiben wollen, wage ich zu bezweifeln. Und das schon deshalb, weil die illegale Einreise nach Deutschland „nur“ ein Vergehenstatbestand ist, und auch das nur, so lange der Betroffene keinen Asylantrag stellt. Aber selbst ein Straftatbestand wird allenfalls von der Staatsanwaltschaft verfolgt und möglicherweise auch geahndet, und zwar von den Strafgerichten. Jedenfalls aber nicht durch rumballernde Bundespolizisten vor Ort.
Ob mit „halten“ wirklich „vor der Grenze anhalten“ gemeint ist, kann aber sogar offenbleiben. Denn jedenfalls ist auch hier das tatbestandliche Erfordernis, dass sich Flüchtlinge „durch die Flucht zu entziehen zu versuchen“, ja gerade nicht gegeben. Zu der Einreise müsste nämlich auch hier noch der Fluchtwille nach der Einreise kommen. Doch den wird man bei Flüchtlingen ja gerade nicht haben. Die Flüchtlinge werden nämlich im Zweifel anhalten, nachdem sie in Deutschland sind.
Der Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge, die sozusagen unser Land „stürmen“ und nicht anders an der möglicherweise illegalen Einreise mehr gehindert werden können, wäre also nach dem Gesetz gerade nicht legitimiert.