Heute ging es in einem Verfahren darum, ob meinem Mandanten eine Marihuana-Pflanze gehörte, die im großen Hof eines Komplexes mit rund 20 Wohnungen gedieh. Getarnt war das rund zwei Meter hohe Gewächs übrigens extrem geschickt – mit fünf Plastiksonnenblumen zum Einstecken.
Von der Marihuanapflanze hörte die Polizei eher zufällig, und zwar bei einem Einsatz wegen einer anderen Sache. Eine Zeugin erklärte den Beamten, mein Mandant sei ja wohl ein Dealer, jedenfalls sage man das so in der Gegend. Nachdem die Pflanze sichergestellt und die Wohnung meines Mandanten im gleichen Rutsch durchsucht war, gingen die Beamten zufrieden nach Hause.
Fall gelöst, so schien es. Immerhin bestätigte ja eine Zeugin die Gerüchtelage in der Siedlung. Da kam es wohl überraschend, dass Beschuldigte mitunter nicht einfach alles auf ihre Kappe nehmen. Als mein Mandant bestritt, dass er mit der Pflanze was zu tun hat, kamen die Polizeibeamten ins Schleudern. Fotos von der Stelle, wo die Pflanze stand? Fehlanzeige. Eines stand dagegen fest: Die Wohnung meines Mandanten ist im dritten Stock, und die Gärten pflegen die Bewohner des Erdgeschosses und eine Firma.
Es kam bei dem Einsatz auch niemand auf die Idee, mal bei Nachbarn zu fragen, ob die vielleicht was wissen. „Was hätten wir denn machen sollen?“, seufzte ein Beamter. „Es war doch schon dunkel.“ Das fand sogar der Richter nicht mehr witzig. „Hier geht’s um ein Verbrechen, da könnte man auch mal bei der Polizei etwas mehr Energie aufwenden.“
Freispruch.