Mein Mandant ist nicht vorbestraft. Bei einer Kontrolle entdeckte die Polizei in seiner Hosentasche ein weißes, gefaltetes Papier mit Anhaftungen einer bräunlichen Substanz. Hierbei soll es sich um Cannabis handeln.
So weit, so schlecht, so alltäglich. Und letzteres versehe ich mit drei Ausrufezeichen, denn die angeblich gefundene Menge Cannabis beläuft sich auf 0,117 Gramm. Das ist so wenig, dass das Untersuchungslabor beim Landeskriminalamt eine nähere Analyse bedauernd ablehnte. Diese Analyse sei überhaupt erst ab 1,5 Gramm möglich, ließen die Chemiker die Staatsanwaltschaft wissen, bevor sie zum Lachen in den Keller gingen.
Dieser kleine Rückschlag bei der Beweismittelbeschaffung hielt den Staatsanwalt aber nicht davon ab, gegen meinen Mandanten einen Strafbefehl zu beantragen. Stolze fünf Tagessätze – weniger geht gar nicht – à 15 Euro soll er als Strafe zahlen. Ganz ehrlich, da frage ich mich, was der Staatsanwalt vor diesem Antrag so eingenommen hat. Gleiches gilt für den Amtsrichter, denn der winkte den Strafbefehl ohne großes Aufhebens durch. Was natürlich auch bedeuten kann, dass er ihn gar nicht gelesen hat.
All das ist schon ziemlich traurig, denn das Bundesverfassungsgericht hat die Strafbarkeit von Cannabis überhaupt nur für verfassungsgemäß gehalten, wenn der Eigengebrauch kleiner Mengen regelmäßig straflos bleibt. Gut, das betreffende Urteil hat jetzt schon einige Jahre auf dem Buckel, und richtige Fans findet es nur ganz selten unter Drogenstaatsanwälten.
Als Gedankenstütze gibt es deshalb landauf, landab ja nun schon länger interne Richtlinien, bis zu welcher Bruttomenge die Eigenbedarfsregelung gilt. In meinem Fall soll in dem betreffenden Bundesland, so weit ich das richtig sehe, bei nicht vorbelasteten Tätern das Verfahren regelmäßig eingestellt werden, wenn die Menge von 10 oder sogar 15 Gramm nicht überschritten wird.
Wenn da nicht doch noch jemand ein Einsehen hat, wird es in absehbarer Zeit eine Hauptverhandlung geben.
Ich überlege, ob ich gegen meine Gewohnheit doch mal etwas lauter werde.