SIPPENHAFT

Ich kann es ja verstehen. Motorradfahrer sind bei Radarpolizisten nicht beliebt. Zu oft gehen sie ihnen durchs Netz. Diesen Frust wollte jetzt offensichtlich ein Beamter ausleben, der am 26. Juni 2005 eine Gruppe von sechs Motorradfahrern auf ihrem sonntäglichen Ausflug durchs Bergische Land ins Visier nahm.

Leider gelang es ihm nur, einen der Zweiradtouristen zu blitzen. Und zwar mit 58 Stundenkilometern zu viel. Das hinderte den Anhaltetrupp aber nicht, gleich mal alle anderen rauszuwinken und für alle Anzeigen zu schreiben.

Gegen meinen Mandanten wurden ein Monat Fahrverbot und 150,00 € Geldbuße verhängt. Zudem drohten vier Punkte Gutschrift in Flensburg.

Den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid habe ich wie folgt begründet:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in o. g. Angelegenheit beantragen wir, den Bußgeldbescheid aufzuheben.

Das in der Akte befindliche Radarfoto (Nr. 306) zeigt nicht das Motorrad von Herrn S.

Es handelt sich um eine andere Maschine. Schon ein Vergleich des Bildes vorne in der Akte mit der Maschine auf dem Radarfoto belegt offenkundige Unterschiede. So hat die Maschine auf dem Radarfoto Dekorverzierung und ein durchgehendes Frontlicht.

Auch die Fahrer sind nicht identisch. Der Fahrer auf dem Foto trägt eine Brille, unser Mandant nicht. Außerdem hat Herr S. eine völlig andere Statur.

Eine Geschwindigkeitsmessung für unseren Mandanten ist aus der Akte somit nicht ersichtlich. Es gibt keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Geschwindigkeitsübertretung.

Nur vorsorglich weisen wir darauf hin, dass sich Herr S. im Gegensatz zu einigen anderen Motorradfahrern hinter dem auf dem Radarfoto erkennbaren Pkw befand. Herr S. hatte den Pkw nicht überholt. Vielmehr hielt sich Herr S. an das Tempolimit.

Unser Mandant wird sich hier nicht in „Sippenhaft“ nehmen lassen.

Weiter weisen wir darauf hin, dass Herr S. vor Ort nicht zu dem Tatvorwurf angehört worden ist. Der Polizeibeamte nahm lediglich die Daten auf. Er lehnte es ausdrücklich ab, die angehaltenen Personen zu dem Vorwurf zu befragen oder ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er äußerte lediglich: „Sie kriegen alles weitere mit der Post.“

Einen Anhörungsbogen hat unser Mandant, wie aus der Akte auch ersichtlich, nicht erhalten.

Die Akte ist wieder beigefügt. Die Versendungspauschale ist eingezahlt.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt

Heute, nach drei Tagen, kam schon der Einstellungsbescheid. Trotzdem ist es schon ein dickes Ding, was mittlerweile so auf unseren Straßen getrieben wird. Und ich meine damit die Herren von der Polizei.